Anrede

Als Anrede bezeichnet man die sprachliche Formel, mit der eine Person ein Gespräch, eine Rede oder ein Schriftstück beginnt. Die angeredete Person oder Personengruppe heißt Adressat. Eine förmliche Anrede kann zwar auch entfallen, so in Not- oder Aggressionssituationen, die normale Anrede enthält aber zumindest eines oder mehrere der folgenden Elemente:

  1. eine der Anrede vorangestellte Begrüßungsformel, z. B. Hallo, Guten Tag,
  2. einen Ausdruck der Hochachtung oder Wertschätzung, z. B. gnädige, sehr geehrte, lieber,
  3. gegebenenfalls einen Namenszusatz, z. B. Herr, Frau, Doktor, einen Berufs- oder Adelstitel,
  4. bei Einzeladressaten den situationsgerechten Namen, z. B. Vorname, Nachname oder auch Kosename,
  5. unter Umständen Sonderbezeichnungen, z. B. Kameraden, Genossen, Brüder und Schwestern,
  6. die situationsgerechte pronominale Anredeform mit Du, Ihr, Sie usw.

Dieser Artikel fasst einige allgemeine und spezielle Fälle sowie regionale und institutionelle Sonderfälle zusammen.

Die Anredeform ist verschieden nach geographischem Gebiet, nach Alter und gesellschaftlicher Stellung der angeredeten Person, nach gesellschaftlicher Beziehung des Anredenden zum Angeredeten, nach der augenblicklichen Situation, beispielsweise in intimem Dialog oder in förmlicher Öffentlichkeit, und nach der Form der Kommunikation, ob mündlich oder schriftlich. Sie unterliegt zudem zeitlichen Veränderungen. Der Gebrauch von Namenszusätzen unterliegt gesellschaftlichen Regeln, die sich bei der mündlichen und schriftlichen Anrede teilweise unterscheiden. Die korrekte Anrede gesellschaftlich hochstehender Personen ist häufig protokollarisch geregelt.

Während in hierarchischen Organisationen (beispielsweise dem Militär) Anreden fest vorgeschrieben sind, sind Anreden in einer lockeren Gesellschaft meist eine Höflichkeitsbekundung, die auch den hinter dem Erwerb eines akademischen Grades oder eines Amtes stehenden Leistungen Respekt zollt. In der Korrespondenz sind die Anreden enger an die Gepflogenheiten gebunden als bei der mündlichen Kommunikation. Eine festere Form und weithin obligatorischen Charakter besitzen Anrede und Begrüßung als Eingangsformel und Einleitung bei Reden.

Schon die Begrüßungsformel differenziert zwischen mündlicher und schriftlicher Kommunikationsform sowie zwischen mehr oder weniger formellem Anlass. Dem informellen „Hallo“ steht die offizielle Höflichkeitsform „Sehr geehrte Damen und Herren“ (vgl. den früheren englischen Briefbeginn Dear Sir or Madam[1]) gegenüber. Gewöhnliche Anschreiben innerhalb von Behörden enthalten keinerlei Anreden oder auch Schlussformeln.

Die Anrede in feudalistischen oder diktatorischen Staaten wurde zur sprachlichen Vermittlung von Rängen und Funktionen, aber auch zur Festigung von Macht benutzt (wie Fürst, Graf, Führer, Generalsekretär, Herr). Im Gegensatz dazu bildet eine einheitliche Anrede für jedes Mitglied den Versuch, die Gleichberechtigung aller Menschen darzustellen (Bürger, Genosse, Herr/Frau). Beispielsweise stellte die Anrede Genosse in der DDR für Soldaten der Nationalen Volksarmee das Unterordnen und Einbeziehen in das bestehende Staatssystem dar, insbesondere waren hier die Gewohnheiten der Sowjetunion übernommen worden, alle Menschen mit Towarischtsch zu bezeichnen.

Durch die Auswahl der Anrede können jedoch stets subtile Botschaften übermittelt werden. Die Benutzung von akademischen Graden und Amtstiteln in der Anrede ist eine immer korrekte und vielfach übliche schriftliche wie mündliche Anredeform, auch wenn das Recht auf das Führen eines akademischen Grades (wie z. B. Doktor) oder einer Amtsbezeichnung (wie z. B. Professor) nicht den Anspruch auf Anrede mit selbigem beinhaltet.[2]

Adelstitel sind in Österreich seit dem Ende des Ersten Weltkrieges abgeschafft, in Deutschland sind sie seit der Gesetzgebung von 1928 zum Teil des Nachnamens geworden. Mit diesen Änderungen im Ergebnis der Fürstengesetze der Weimarer Republik wurden auch andere externe Namenszusätze Bestandteil des bürgerlichen Namens, wie „gen.“ (als Namensteil: genannt).

Zur Anrede mit du/Sie/ihr („Duzen“, „Siezen“) siehe Pronominale Anredeform.

  1. Paul McCartney: The Lyrics: 1956 to Present. W. W. Norton & Company, New York 2021; deutsch: Lyrics. 1956 bis heute. Hrsg. mit einer Einleitung von Paul Muldoon. Aus dem Englischen übersetzt von Conny Lösche. C. H. Beck, München 2021, ISBN 978-3-406-77650-2, S. 577 (zu Paperback Writer).
  2. Protokoll Inland der Bundesregierung zu akademischen Graden und Amtsbezeichnungen (Memento vom 24. März 2015 im Internet Archive)

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