Antimodernismus (Katholizismus)

Antimodernismus bezeichnet eine Strömung innerhalb der katholischen Kirche in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die bis tief hinein ins 20. Jahrhundert wirkte (die Geistlichen mussten bis 1967 den sogenannten Antimodernisteneid ablegen) und sich – ausgehend durch Dekrete von Pius IX. (Papst von 1846 bis 1878) – gegen die gesellschaftlichen und politischen Reformen und Umbrüche der Moderne und des Liberalismus wandte und deren Einfluss in Kirche und Theologie, den später von ihren Vertretern so benannten Modernismus, bekämpfte.

So listet der Syllabus errorum von 1864 in seiner Aufzählung beanstandeter Irrtümer eine Reihe von Ideen wie etwa die Religionsfreiheit auf, die seit der Aufklärung und der Französischen Revolution fortschreitend verwirklicht wurden, heute zum selbstverständlichen Allgemeingut (westlicher) Zivilisation gehören und in die Erklärung der Menschenrechte der Vereinten Nationen von 1948 eingegangen sind.

Der Antimodernismus ging Hand in Hand mit dem Ultramontanismus. So bezeichnet man eine politische Haltung des Katholizismus in deutschsprachigen Ländern und den Niederlanden, die sich ausschließlich auf Weisungen von der päpstlichen Kurie stützte, also aus dem von dort aus gesehen „jenseits der Berge“ (lateinisch ultra montes – gemeint sind die Alpen) – liegenden Vatikan. Auch in vielen anderen Ländern hatte der jeweilige Klerus (also z. B. Bischöfe, Erzbischöfe und aus ihnen bestehende Gremien) enge Bindungen zum Vatikan.

Nach einer gewissen Kursänderung unter Papst Leo XIII. (Papst von 1878 bis 1903), der sich erstmals der sozialen Frage widmete und mit seiner Enzyklika Rerum Novarum von 1891 die lehramtliche Tradition der katholischen Soziallehre begründete, stellte das Pontifikat Pius X. (1903 bis 1914), während dessen die Bewegungen des Modernismus und Amerikanismus weithin an Bedeutung gewannen, zugleich auch den Höhepunkt antimodernistischer Tendenzen in der katholischen Kirche dar, vor allem durch die Verpflichtung aller Priester auf das Ablegen des sogenannten Antimodernisteneides vom 1. September 1910, der sie ausdrücklich verpflichtete, die im Syllabus errorum (Liste der Irrtümer) beanstandeten Irrtümer abzulehnen.

Unter Papst Benedikt XV. (Pontifikat 1914–1922) entspannte sich angesichts der von außen drohenden Gefahren (Erster Weltkrieg, Oktoberrevolution, Mexikanische Revolution etc.) für die katholische Kirche der innerkirchliche Modernismusstreit. Auch in den folgenden Pontifikaten deuteten äußerlich kaum Anzeichen auf ein Fortbestehen des Modernismusstreites hin, die jedoch prinzipiell ungelöst gebliebenen Probleme beeinflussten jedoch die Entwicklung der katholischen Kirche auf (und vor allem: nach) dem Zweiten Vatikanischen Konzil (nach welchem u. a. der „Antimodernisteneid“ abgeschafft wurde).


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