Antipsychiatrie ist generell „alles“, was dem Grundgedanken und den daraus entstehenden Handlungen der Psychiatrie negativ bis ablehnend gegenübersteht. Sie entwickelte sich zwischen 1955 und 1975, nach der Einführung von Lobotomien, unter anderem in Großbritannien, in Italien, den USA und in der Bundesrepublik Deutschland.[1] Die antipsychiatrische Bewegung umfasst verschiedene Gruppen mit unterschiedlichen Hintergründen.
Kritikpunkte gegenüber der Psychiatrie beziehen sich in Deutschland vor allem auf die Missachtung von Artikel 1 und 2 des Grundgesetzes sowie diverser Menschenrechte in psychiatrischen Kliniken durch die Zwangsbehandlung. Kritisiert werden in verschiedenen Ländern die „chemische Lobotomie“, Gaslighting, die Stigmatisierung der Kranken und andere oft gebräuchliche, teilweise willkürlich ausgeübte Behandlungsmethoden – zum Beispiel mit Psychopharmaka – sowie die Klassifizierung psychischer Krankheiten. Antipsychiatrie prangert an und klärt nicht nur über die Missstände in psychiatrischen Einrichtungen auf, sondern stellt die Psychiatrie als solche grundlegend in Frage.[2] Oft wird die Psychiatrie als Mechanismus des bestehenden gesellschaftlichen Systems zur Aufrechterhaltung der herrschenden Ordnung beschrieben. Insbesondere kritisiert wird dabei das angeblich unwissenschaftliche Agieren dieser Disziplin.
David Cooper wird zusammen mit den Psychiatern Ronald D. Laing und Thomas Szasz zu den wichtigsten Vertretern der Antipsychiatriebewegung gezählt.[3] Außerdem werden der Bewegung unter anderem die Psychiater Jan Foudraine,[4] Franco Basaglia[5] und Félix Guattari[6] sowie der Soziologe Erving Goffman und der Philosoph Gilles Deleuze zugeordnet. Größte Aufmerksamkeit erlangten antipsychiatrische Thesen seit 1961 durch Michel Foucaults Werk Wahnsinn und Gesellschaft: Eine Geschichte des Wahns im Zeitalter der Vernunft, er selbst wird aber in der Regel noch nicht zur Antipsychiatriebewegung gezählt.