Belastung (Psychologie)

Mit psychischer Belastung verbundene Arbeitssituation[1] (Illustration von Henry Holiday aus Lewis CarrollsThe Hunting of the Snark“)

Psychische Belastung ist nach der Norm EN ISO 10075[2] „die Gesamtheit aller erfassbaren Einflüsse, die von außen auf den Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken.“ Auch gemäß Arbeitsschutzgesetz (siehe auch Norm EN ISO 9241) ergibt sich für Arbeitsplätze die Pflicht des Arbeitgebers, psychomentale Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen.[3] Im Unterschied zur psychischen Belastung ist psychische Beanspruchung „die unmittelbare (nicht die langfristige) Auswirkung der psychischen Belastung im Individuum in Abhängigkeit von seinen jeweiligen überdauernden und augenblicklichen Voraussetzungen, einschließlich der individuellen Bewältigungsstrategien“.

Es existieren viele (psycho-)physiologische Messverfahren, welche mehr oder weniger gut mit der psychischen Belastung (mental oder emotional) korrelieren und somit als möglicher Indikator genutzt werden.[4][5][6][7][8][9][10][11][12][13]

Alleine im physiologischen Bereich der Okulomotorik stehen mehrere adäquate Reaktionen im Verdacht, unterschiedliche Beanspruchungssituationen personenbezogen und objektiv – also nicht mittels einer subjektiven Erhebung (u. a. einer Befragung) – zu detektieren. Zum Beispiel über die Augenbewegung und dem Blickverhalten[14][15][16], über das Pupillenverhalten[17][18][19][20] sowie über den Lidschlag[21][22][23][24][25].

Gemäß EN ISO 10075 kann auch von mentaler Belastung[26] gesprochen werden. Gegenstand der Norm ist also nicht irgendeine Art von individuellem psychischem Defizit einer Person, sondern die Belastung von Geist und Seele. Psychomentale Belastung ist dafür der treffende Begriff. Psychosoziale Belastung ist ein weiterer Begriff, der in der Diskussion zum Thema der psychischen Belastung verwendet wird.

Psychische Belastungen wirken ausgehend von einer Situation auf den Menschen. Sie beanspruchen seine Ressourcen. Der Begriff der Belastung beschreibt also eine Eigenschaft von Situationen und nicht Eigenschaften von Personen. Im Unterschied zum Begriff der Belastung bezeichnet der Begriff Stress „die unspezifische Reaktion des Organismus auf jede Form von Belastung“.[27][28] Eine psychische Belastung, die Stress auslöst, wird Stressor genannt.[29]

In Abhängigkeit von der Art der Belastung und den individuellen psychischen Voraussetzungen kann eine Belastung – und Stress als Reaktion auf eine Belastung – sowohl schädlich wie auch anregend wirken. Anregende Belastungen können langfristig zur persönlichen Entwicklung und Gesunderhaltung beitragen. Arbeit ist in der Regel eine psychische Belastung des Menschen. Wichtig ist dabei der Unterschied zwischen legitimer Belastung und Fehlbelastung. Schädlicher Stress ist die Folge von Fehlbelastung und kann zur Ermüdung und zu psychosomatischen Erkrankungen führen.

Burnout oder Boreout, Depressionen, Angststörungen, Süchte, ADS / ADHS oder Phobien gelten als Krankheitsbilder, die gleichberechtigt neben den körperlichen Störungen stehen und mittlerweile zu den sogenannten Volkskrankheiten zählen.

Fast jeder dritte Deutsche zwischen 18 und 65 Jahren leidet mindestens einmal pro Jahr unter einer psychischen Störung. Angststörungen nehmen hier mit 14,5 % eine Spitzenposition ein, gefolgt von Störungen durch psychotrope Substanzen (z. B. Alkohol, Drogen), den affektiven Störungen (z. B. Depression, Manie, bipolare Störungen) und den somatoformen Störungen (z. B. körperlich nicht begründbare Schmerzen).

Frauen leiden im Durchschnitt häufiger an psychischen Problemen. Eine Ausnahme bildet der Missbrauch von psychotropen Substanzen, der sich eher als eine Männerdomäne darstellt. Hier steht das Thema Alkohol im Vordergrund.[30]

  1. Judy Martin: Well-Being Jettisons To Critical Performance Metric In Workplace. Vorlage:Cite web: Der Parameter language wurde bei wahrscheinlich fremdsprachiger Quelle nicht angegeben.
  2. baua.de: Ergonomische Grundlagen bezüglich psychischer Arbeitsbelastungen (Memento vom 20. Dezember 2012 im Internet Archive)
  3. BAG: Beschluss 1 ABR 4/03@1@2Vorlage:Toter Link/juris.bundesarbeitsgericht.de (Seite nicht mehr abrufbar, festgestellt im Oktober 2022. Suche in Webarchiven)  Info: Der Link wurde automatisch als defekt markiert. Bitte prüfe den Link gemäß Anleitung und entferne dann diesen Hinweis. vom 8. Juni 2004: „Nach § 3 der Bildschirmarbeitsverordnung hat der Arbeitgeber bei dieser Beurteilung bei Bildschirmarbeitsplätzen die Sicherheits- und Gesundheitsbedingungen insbesondere hinsichtlich einer möglichen Gefährdung des Sehvermögens sowie körperlicher Probleme und psychischer Belastungen zu ermitteln und zu beurteilen.“
  4. Klimmer, F.; Rutenfranz, J.; Rohmert, W. (1979): Investigations on physiological and biochemical indicators for differentiation of mental and emotional strain in psychical efforts. In: Int. Arch Occup Environ Heath 44 (3), S. 149–163. doi:10.1007/BF00381130
  5. Gopher, Daniel; Donchin, Emanuel (1986): WORKLOAD – AN EXAMINATION OF THE CONCEPT. In: Kenneth R. Boff, Lloyd Kaufman und James P. Thomas (Hg.): Handbook of perception and human performance. Volume II - Cognitive Process and Performance. New York: John Wiley ans Sons (A Wiley-Interscience publication), S. 1–49.
  6. Boucsein, Wolfram (1988): Elektrodermale Aktivität. Grundlagen, Methoden und Anwendungen. Berlin, Heidelberg: Springer. doi:10.1007/978-3-662-06968-4ISBN 978-3-662-06969-1
  7. Böckelmann, Irina; Seibt, Reingard (2011): Methoden zur Indikation vorwiegend psychischer Berufsbelastung und Beanspruchung — Möglichkeiten für die betriebliche Praxis. In: Z. Arb. Wiss. 65 (3), S. 205–222. doi:10.1007/BF03373839
  8. Chen, Fang; Zhou, Jianlong; Wang, Yang; Yu, Kun; Arshad, Syed Z.; Khawaji, Ahmad; Conway, Dan (2016): Robust multimodal cognitive load measurement. Cham: Springer (Human-computer interaction series). doi:10.1007/978-3-319-31700-7ISBN 978-3-319-31698-7
  9. Kramer, Arthur F. (1990): Physiological Metrics of Mental Workload: A Review of Recent Progress. Bericht. University of Illinois at Urbana-Champaign, San Diego. ISBN 978-1-003-06944-7
  10. Rau, Renate; Richter, Peter (1995): 24-Stunden-Monitoring zur Prüfung der Reaktivität psychophysiologischer Parameter in Belastungs- und Erholungsphasen. Speichelparameter und kardiovaskuläre Parameter in Feld- und Experimentaluntersuchungen. Schriftenreihe der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (FB 12.001), Bremerhaven: Wirtschaftsverlag NW.
  11. Ribback, Sven (2005): Psychophysiologische Untersuchung mentaler Beanspruchung in simulierten Mensch-Maschine-Interaktionen. Doctoralthesis. Universität Potsdam. urn:nbn:de:kobv:517-0000833
  12. Schlick, Christopher; Bruder, Ralph; Luczak, Holger (2018): Arbeitswissenschaft. 4. Aufl. 2018. Berlin, Heidelberg: Springer Berlin Heidelberg. doi:10.1007/978-3-662-56037-2ISBN 978-3-662-56036-5
  13. Stanton, Neville; Hedge, Alan; Brookhuis, Karel; Salas, Eduardo; Hendrick, Hal (Hg.) (2005): Handbook of human factors and ergonomics methods. ebrary, Inc. Boca Raton: CRC Press. doi:10.1201/9780203489925ISBN 978-0-429-20571-2
  14. Galley, Niels (1993): Augenbewegungen, Antizipation und Leistung: Auf dem Wege zu einem neuropsychologischen Konzentrationsmodell. In: Jürgen Beckmann, Hanno Strang und Erwin Hahn (Hg.): Aufmerksamkeit und Energetisierung. Facetten von Konzentration und Leistung. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe Verl. für Psychologie, S. 229–245. ISBN 978-3-8017-0421-6
  15. Biswas, Pradipta; Dutt, Varun; Langdon, Pat (2015): Comparing Ocular Parameters for Cognitive Load Measurement in Eye-Gaze-Controlled Interfaces for Automotive and Desktop Computing Environments. In: International Journal of Human-Computer Interaction 32 (1), S. 23–38. DOI: 10.1080/10447318.2015.1084112
  16. Schneider, Marc (2019): Blickbasierte Beanspruchungsmessung : Entwicklung und Evaluation eines Kalibrierungssystems zur individuellen Bewertung der mentalen Beanspruchung in der Mensch-Technik-Interaktion. Dissertation. ISBN 3-7315-0809-5
  17. Brunn, Walter v.; Falk, Ruth; Hedwig; Matthes, Karl (1941): Untersuchungen über die Pupillenreflexe beim Menschen. In: Pflüger, Arch. 244 (5), S. 644–658. doi:10.1007/BF01756035
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  19. Beatty, Jackson; Lucero-Wagoner, Brennis (2000): The pupillary system. In: J. T. Cacioppo, L. G. Tassinary und G. G. Berntson (Hg.): Handbook of psychophysiology: Cambridge University Press, S. 142–162. ISBN 0-521-84471-1
  20. Chen, Siyuan; Epps, Julien (2014): Using Task-Induced Pupil Diameter and Blink Rate to Infer Cognitive Load. In: Human–Computer Interaction 29 (4), S. 390–413. doi:10.1080/07370024.2014.892428
  21. Ponder, Eric; Kennedy, W. P. (1927): ON THE ACT OF BLINKING. In: Exp Physiol 18 (2), S. 89–110. doi:10.1113/expphysiol.1927.sp000433
  22. Stern, John A.; Walrath, Larry C.; Goldstein, Robert (1984): The Endogenous Eyeblink. In: Psychophysiology 21 (1), S. 22–33. DOI: 10.1111/j.1469-8986.1984.tb02312.x
  23. Galley, Niels (1993): Augenbewegungen, Antizipation und Leistung: Auf dem Wege zu einem neuropsychologischen Konzentrationsmodell. In: Jürgen Beckmann, Hanno Strang und Erwin Hahn (Hg.): Aufmerksamkeit und Energetisierung. Facetten von Konzentration und Leistung. Göttingen, Bern, Toronto, Seattle: Hogrefe Verl. für Psychologie, S. 229–245. ISBN 978-3-8017-0421-6
  24. Reßut, Norman; Hoppe Annette (2019): Erfassung von individuellem Beanspruchungserleben bei kognitiven Belastungssituationen mittels Mustererkennung im Lidschlagverhalten. In: Zeitschrift für Arbeitswissenschaft 65 (2019), S. 1–13. doi:10.1007/s41449-019-00165-y. – ISSN 0340-2444
  25. Reßut, Norman (2021): Das Lidschlagverhalten als Indikator psychischer Belastung, Wiesbaden: Springer Vieweg, 2021. doi:10.1007/978-3-658-36052-8ISBN 978-3-658-36051-1
  26. Im Englischen ist der Titel für die Norm „Ergonomic Principles Related To Mental Workload. Zusammengefasst mit dem in der deutschen Fassung verwendeten Begriff der psychischen Belastung ergibt sich daraus der Begriff der psychomentalen Belastung, mit dessen Verwendung eine Assoziation mit psychischer Störung vermieden wird.
  27. Bericht des Berufsverbands Deutscher Psychologinnen und Psychologen: Psychische Gesundheit am Arbeitsplatz in Deutschland (Memento vom 13. November 2011 im Internet Archive; PDF; 1,26 MB), Seite 55
  28. Hans Selye: Hormones and Resistance, 1971.
  29. BAuA Glossar, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin: Stressoren (Memento vom 1. August 2012 im Webarchiv archive.today)
  30. Michael Jost: Psychische Belastungen im Alltag. In: Psychotherapiert. Dr. Michael Jost, 3. April 2018, abgerufen am 9. Mai 2018.

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