Die sogenannten Benin-Bronzen sind eine Gruppe von mehreren tausend Kunstwerken, überwiegend Reliefs und Plastiken aus Bronze oder Messing, aber auch Werke aus Elfenbein, Koralle und Holz, die seit dem 16. Jahrhundert den Königspalast des vorkolonialen Königreichs Benin schmückten, teilweise auch zeremonielle Bedeutung hatten und als Insignien dienten. Sie gelten als einer der bedeutendsten Kunstschätze Afrikas und beeinflussten in Europa auch die Malerei der klassischen Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts.[1][2][3] Neben ihrer großen kunsthistorischen Bedeutung spielen sie auch eine wichtige Rolle in der internationalen Diskussion um Rückgaben von Kulturgut kolonialzeitlicher Herkunft.
Ein erheblicher Teil dieser Bronzen wurde im Zeitalter der Kolonisation Afrikas durch das Vereinigte Königreich 1897 als Beutekunst nach Europa und in die USA verkauft.[4][5] Alleine in Deutschland gibt es mehr als 1000 Objekte in Museen, die meisten davon in Berlin.[6] Forderungen zur Rückgabe dieses Kulturguts kolonialzeitlicher Herkunft wurden von Seiten der nigerianischen Regierung seit den 1970er Jahren vorgebracht. Seit Ende 2021 gab es erste Restitutionen aus britischen Sammlungen.[7] Allerdings wurde von Seiten einer zivilgesellschaftlichen Gruppe in den USA kritisiert, dass im Königreich Benin intensiv Sklaven anderer Stämme gejagt und u. a. gegen Messingmanillen verkauft wurden, aus denen dann die Bronzen hergestellt wurden. Daher sollten die Bronzen nicht Nigeria oder gar dem derzeitigen Oba zurückgegeben werden, sondern den Nachkommen der Sklaven zugutekommen.[8]
Am 1. Juli 2022 unterzeichneten Deutschland und Nigeria ein Abkommen über die Rückgabe der Benin-Bronzen in deutschen Museen. Diese sollten in nigerianisches Eigentum übergehen, zunächst aber überwiegend als nigerianische Leihgaben an ihren jeweiligen Standorten verbleiben; zwei Objekte wurden im Rahmen der Unterzeichnung direkt zurückgegeben.[9]
Im Dezember 2022 wurden weitere Bronzen in einem feierlichen Staatsakt von Außenministerin Annalena Baerbock und Kulturstaatsministerin Claudia Roth in der nigerianischen Hauptstadt Abuja an Nigeria übergeben. Im Mai 2023 wurde bekannt, dass das Eigentumsrecht an den bereits übergebenen wie auch den noch zu übergebenden Bronzen von Präsident Mohammedu Buhari dem aktuellen Oberhaupt der damals für die Sklavenjagd verantwortlichen königlichen Familie, Oba Ewuare II., übereignet worden war.[10][11]
Seit November 2022 ermöglicht es die Online-Plattform Digital Benin Interessierten, sich über die Eigenschaften, den Standort und die Herkunft von mehr als 5.000 Kunstgegenständen aus dem historischen Königreich Benin zu informieren.[12] Im Zuge dieser Digitalisierung wurde auch offensichtlich, dass ein Großteil der in Nigeria befindlichen Objekte entweder verschwunden oder in katastrophal schlechtem Erhaltungszustand ist, was generelle Fragen zur Sinnhaftigkeit der Restitution aufwirft.[13]