Dominicus Leo, auch Domenico de’Leoni, war nach der venezianischen Tradition der erste der insgesamt fünf Magistri militum, die nach dem Tod des Dogen Orso Ipato, in den Jahren von 737 bis 742 also, die Siedlungen in der Lagune von Venedig für je ein Jahr beherrschten. Dominicus war als erster dieser Magistri, wenn man dieser Tradition folgt, von 737 bis 738 im Amt. Weder ist der Geburts- noch der Todesort bekannt, noch die dazugehörigen Zeitpunkte. Sein Nachfolger war Felix Cornicula.
Dabei sind die Regierungsdaten der ersten Herren der Lagune insgesamt unsicher, die Historizität der ersten beiden Dogen wird sogar bestritten. Die Datierungskonvention beruht weitgehend auf Festsetzungen, die auf die Chronik des Dogen Andrea Dandolo zurückgehen, und damit auf die mehr als ein halbes Jahrtausend jüngere, staatlich kontrollierte Historiographie Venedigs. Diese schrieb die wesentlichen Leistungen den Dogen zu, während die fünf Jahre der Magistri nebulös blieben. Die jüngere Forschung kann diese bis heute kaum einordnen, hat sich aber inzwischen von der venezianischen Tradition weitgehend freigemacht.
Die Frage, ob das kurzlebige Amt eine Dominanz des oströmischen Kaiserreiches in der Lagune von Venedig anzeigt, oder im Gegenteil, für die Rebellion der dominierenden Familien in der Lagune spricht, wird seit langem diskutiert. Im Zentrum der Forschung steht dabei die nunmehr in das Jahr 739 verlegte Rückeroberung des oströmischen Ravenna von den Langobarden durch eine venezianische Flotte, die damit nicht, wie in der venezianischen Tradition ins Jahr 727 und damit in die Regierungszeit eines Dogen fällt, sondern eines der Magistri militum.
Die venezianische Historiographie, die ab dem 14. Jahrhundert ganz überwiegend auf dem Werk des Dogen Andrea Dandolo aufbaute, sah den Kampf um Ravenna vor dem Hintergrund des als ausgesprochen fundamental wahrgenommenen Bilderstreits und des „nationalen Widerstands“ der Italiener gegen die byzantinische Fremdherrschaft als zentral wahr. Dies machte aus dem venezianischen Flotteneinsatz geradezu einen Wendepunkt in der Geschichte Venedigs, wenn nicht des Mittelmeerraumes. Einerseits konnte die Republik Venedig als Retterin von Ostrom-Byzanz und zugleich des Papstes herausgehoben werden, der im Streit mit den byzantinischen Bilderstürmern stand. Andererseits erhielt die Stadt damit im Byzantinischen Reich erstmals wirtschaftliche Privilegien und die Herrschaft über die Adria – eine Ausrichtung, die gleichsam bereits auf Enrico Dandolo verwies, unter dessen Führung die byzantinische Hauptstadt Konstantinopel im Jahr 1204 erobert wurde. Die spätere Historiographie konnte auf diese Weise glaubhaft machen, dass die inzwischen eingeschlagenen Wege der Vorherrschaft schon bis in die Frühzeit Venedigs zurückreichten, aber auch, dass nur interne Streitigkeiten die Venezianer aufhalten konnten, jene Streitigkeiten, die zum Tod Orsos und zur Einsetzung der Magistri militum geführt hatten, von denen wiederum Dominicus Leo der erste war.