Erwerb vom Nichtberechtigten

Der Erwerb vom Nichtberechtigten (oft vereinfachend: gutgläubiger Erwerb) ist ein in zahlreichen Rechtsordnungen anerkanntes Rechtsinstitut des Zivilrechts. Die gesetzlichen Regeln schützen dabei ausnahmsweise nicht das Recht an einer Sache, sondern den durch bloßen Besitz ausgelösten Rechtsschein des Rechts zum Besitz. Im Hauptanwendungsfall des Eigentumserwerbs bedeutet das, dass der Erwerber, der auf den Rechtsschein der Besitzlage, die den Veräußerer als Berechtigten ausweist vertraut, im Rahmen eines Verkehrsgeschäfts gutgläubig vom Nichtberechtigten erwirbt.

Der Rechtsschein schützt den Rechtsverkehr dahingehend, dass ein Dritter von einem Nichtberechtigten ein Recht erwerben kann, weil der Rechtsschein diesen als Berechtigten ausweist. Rechtspolitisch zielen die Vorschriften über den Erwerb vom Nichtberechtigten darauf ab, den Rechtsverkehr vor massenhaften Rückabwicklungen zu schützen. Der gutgläubige Erwerb ist also ein Instrument des Verkehrsschutzes.

Der Rechtsschein beweglichen Besitzes setzt den unmittelbaren oder mittelbaren Besitz des Veräußerers oder einer Geheißperson voraus, beziehungsweise eines der Veräußerung zustimmenden Dritten, den der Erwerber für den Eigentümer hält. In weiteren Fällen kann der Rechtsschein zum Besitz dadurch ausgelöst werden, dass der Besitz vom Veräußerer oder auf dessen Veranlassung hin erlangt wurde. Die Sache darf nicht abhandengekommen sein. Der Rechtsschein unbeweglichen Besitzes (Immobilien) setzt voraus, dass der Nichtberechtigte unrichtigerweise im Grundbuch eingetragen ist.

Beispiel: Der Käufer einer beweglichen Sache muss glauben, dass der anbietende Verkäufer Berechtigter, also Eigentümer ist, obgleich dieser in Wahrheit lediglich Mieter ist und die Sache deshalb in Besitz hält. Liegen die vom Gesetz geschützten Erwerbsvoraussetzungen vor, geht das Recht vom Inhaber auf den redlichen Erwerber über, der Erwerber erwirbt vom tatsächlich Nichtberechtigten. Der Erwerber ist vor der Inanspruchnahme des früheren tatsächlichen Rechtsinhabers geschützt, denn der hat sein Eigentum verloren. Zum Ausgleich erwirbt der frühere Eigentümer als Rechtsinhaber Ansprüche gegen den nichtberechtigten Veräußerer.

In Deutschland finden sich die wichtigsten Rechtsnormen zum Erwerb vom Nichtberechtigten in §§ 932 bis 936 BGB, die auf bewegliche Sachen zugeschnitten sind, und in §§ 891 bis 893 BGB, die Rechte an Grundstücken zum Gegenstand haben. Diese Vorschriften knüpfen an unterschiedliche Rechtsscheintatbestände an, die den Verfügenden als Inhaber des zu übertragenden Rechts ausweisen. Zu den bedeutendsten Rechtsscheintatbeständen zählen der Besitz und das Grundbuch.


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