Das ethnographische Interview (von altgriechisch éthnos ‚fremdes Volk‘ und graphé ‚Schrift‘: „Völkerbeschreibung“) soll im Rahmen von qualitativen Interviews helfen, Einblicke in die Lebenswelt und den Alltag von Personen und ihre kulturabhängigen Wertvorstellungen zu geben. Dabei werden beispielsweise Verbraucher (Konsumenten) in ihrem natürlichen Umfeld oder im Alltags-Setting (zu Hause, im Fahrzeug, auf der Straße) beobachtet und zu Gewohnheiten und Bedürfnissen befragt.
Ein spezielles Merkmal des ethnographischen Interviews ist, dass es dem Interviewer erlaubt, sich von den Antworten überraschen zu lassen. Es ist also nicht grundlegend, dass bereits vorher Vorannahmen und Vermutungen über Erkenntnisse aus dem ethnographischen Interview bestehen, weil das Interview auch von einem gewissen Nicht-Wissen lebt. Trotzdem hat das Interview im Ablauf eine gewisse Struktur und zählt somit zu der Kategorie der Leitfadeninterviews.
Ethnographische Interviews ermöglichen, die Einstellungen und Alltagsroutinen des Befragten zu erfassen. Diese sind oft nicht bewusst, werden somit in einem reinen Gespräch auch nicht verbalisiert. Dadurch öffnet diese Methode der Marktforschung viele Möglichkeiten, denn das Aufdecken von Gewohnheiten und Einstellungen liefert wichtige Erkenntnisse über das Konsumentenverhalten, beispielsweise die Nutzungsgewohnheiten von Produkten oder auch die kontextuelle Bedeutung verschiedener Marken im Alltag. Darüber hinaus kann man vergleichen, welche kulturellen Unterschiede es zwischen den Konsumenten gibt. All diese Erkenntnisse geben die Möglichkeit, sich bei Produktkonzeptionen oder Markenkommunikationen in unterschiedlichen Märkten eine Ausrichtung basierend auf den Bedürfnissen der Zielgruppe vorzunehmen.