Finite-Differenzen-Methode

Perspektivische Grafik der numerischen Lösung einer partiellen DGL in 2D nach der FDM in Zylinderkoordinaten für ein physikalisches Problem[1]

Finite-Differenzen-Methoden (FDM), auch Finite-Differenzen-Verfahren, Methoden/Verfahren der endlichen Differenzen oder schlicht Differenzenverfahren, sind eine Klasse numerischer Verfahren zur Lösung gewöhnlicher und partieller Differentialgleichungen (DGL).

Die grundlegende Idee des Verfahrens ist es, die Orts- und/oder Zeitableitungen in der Differentialgleichung in einem vorgegebenen Intervall der unabhängigen Variablen an Gitterpunkten in diesem Intervall durch Differenzenquotienten zu approximieren. Diese Approximationen der Differenzialgleichung in den Gitterpunkten stellen dann ein Gleichungssystem dar, welches zu lösen ist.

Die erste Grafik illustriert die numerische Lösung einer partiellen DGL in 2D nach der FDM in einem krummlinigen -Koordinatensystem (Zylinderkoordinaten) mit 21 Gitterpunkten (20 Intervallen) in der r-Richtung und 11 Gitterpunkten (10 Intervallen) in der z-Richtung. Der diskretisierte Körper ist ein Zylinder mit einer Höhe von 100 cm und mit einem Radius von 200 cm. Es handelt sich eigentlich um einen (realen) 3D-Zylinder, der Besonderheiten besitzt. Die in die Berechnung eingehende Materialverteilung im Zylinder kann sich in Prinzip von Zelle zu Zelle[2] ändern. In dem vorliegenden Modell hängt jedoch die Materialverteilung nicht von der polaren Koordinate, der -Koordinate, ab. Diese Eigenschaft muss prinzipiell auch jede physikalische Lösungsfunktion besitzen, die eine Observable ist.

Somit wird das Problem zu einem mathematischen 2D-, einem -Problem. Da die Materialverteilung außerdem in z-Richtung eine Spiegelsymmetrieebene besitzt, wurde für als eine der Randbedingungen der Wert für den Gradienten vorgegeben und damit die Hälfte der Gitterpunkte eingespart. Der Zylinder ist also eigentlich 200 cm hoch. Als weitere Randbedingung wurde vorgegeben, dass die gesuchte Lösung an den Außenrändern verschwinden soll. Dass die Näherungslösung dem gehorcht, ist auf der Grafik zu erkennen. Es handelt sich bei diesem Zylindermodell um ein zwar einfaches, aber reales physikalisches Problem aus der Neutronendiffusionstheorie für ein spezielles Kernreaktormodell eines BN-Reaktors. Dargestellt wird der schnelle Neutronenfluss.

In den Jahren von 1950 bis 1980 dominierte die FDM in den numerischen Programmen der Reaktorphysik zur Berechnung des Neutronenflusses. Verfahren dieser Art finden verbreitete Anwendung unter anderem bei fluiddynamischen Simulationen, zum Beispiel in der Meteorologie und der Astrophysik. Eine gewisse Verbreitung findet das Differenzenverfahren in der Baustatik. Schon 1904 analysierte Friedrich Bleich den Durchlaufträger; 1909 untersuchte Lewis Fry Richardson elastische Scheiben und 1919 Henri Marcus elastische Platten mit dem Differenzenverfahren.

Zu den Pionieren des Finite-Differenzen-Verfahrens für partielle Differentialgleichungen zählen Lewis Fry Richardson, Richard Southwell, Richard Courant, Kurt Friedrichs, Hans Lewy, Peter Lax und John von Neumann.

  1. Modell eines Kernreaktors, berechnet mit dem Programm MCT (Christian Reiche: Das zweidimensionale Mehrgruppenprogramm MCT und einige Untersuchungen über den Einfluss des Axialblankets bei schnellen Reaktoren. In: Kernenergie. Band 9, 1966, S. 232–240 (Artikeldaten online).), Ergebnisse als Grafik dargestellt mit dem Tabellenkalkulationsprogramm Microsoft Excel 2013, und zwar mit der Diagramm-Option 3D-Säulen.
  2. Eine Zelle ist hier in 2D eine von vier benachbarten Gitterpunkten festgelegte Fläche, in 3D ein von acht benachbarten Gitterpunkten festgelegter Raumbereich.

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