Haloviren

Die Einteilung der Viren in Sys­te­matiken ist kontinuier­licher Gegen­stand der For­schung. So existieren neben- und nach­einander ver­schie­dene Virus­klas­sifi­kationen sowie die offi­zielle Virus-Taxo­nomie des Inter­national Com­mit­tee on Taxo­nomy of Viruses (ICTV). Die hier be­han­delte Grup­pe ist als Taxon durch neue For­schungen ob­solet ge­wor­den oder aus an­deren Grün­den nicht Teil der offi­ziel­len Virus-Taxo­nomie.

Unter der informellen (nicht-taxonomischen) Bezeichnung Haloviren (englisch halo­viruses)[1][2] werden Viren klassifiziert, die innerhalb von Gebieten mit sehr hohen Salzgehalt (hyperhalin) vorkommende Bakterien, Archaeen oder Eu­karyoten befallen.

Ein bedeutendes Merkmal hypersaliner Umgebungen ist die hohe Konzentration an extremophile Viren und virusähnlichen Partikeln (en. viruslike particles, VLPs), die sie beherbergen, wobei die Salzkonzentration dabei bis fast an die Sättigungs­grenze gehen kann. Solche Solen sind sogar die Wassersysteme mit der höchsten bekannten Konzentration an Viren (bzw. VLPs). Ein Milliliter (m​ℓ) Salzwasser kann bis zu 109 Viruspartikel (Virionen) enthalten, die auch in Salzkristallen eingeschlossen sein können, die Konzentration der VLPs (einschließlich der Virusteilchen) kann bis zu 1010 VLPs/m​ℓ gehen.[3][1] Es gibt in diesen Umgebungen nur wenige zelluläre Fressfeinde, so sind die halophilen Mikroorganismen umso mehr Viren ausgesetzt; Viruspartikel können in hypersalinen Habitaten die Zahl der Zellen um das Zehn- bis Hundertfache übertreffen;[1] wobei schon im normalen Ozeanwasser die Zahl der Viruspartikel zehnmal so hoch sein kann wie die der Mikroben.[4]

Bislang (Stand 2015) sind ca. 100 Haloviren-Isolate bekannt. Die meisten davon (ca. 90) infizieren als Archaeen­viren extrem halophile Archaeen (Familie Halobacteriaceae der Euryarchaeota).[1]

Dennoch sind auch einige (ca. 10) bakterielle Haloviren (d. h. Bakterienviren, traditionell auch Bakteriophagen genannt) bekannt.[1] Ein Beispiel für hypersaline Bakterien (und damit ein potenzieller Wirt bakterieller Haloviren) ist Salinibacter ruber (Bacteroidetes)[5][6]

Selbst eukaryotische Viren wurden in diesen hypersalinen Umgebungen beschrieben,[1] obwohl nur wenige Protisten (eukaryotische Mikroben) unter diesen extremen Verhältnissen gedeihen können. Beispielsweise sind einige Arten von Dunaliella (Chlorophyceae), die morphologisch Dunaliella salina (syn. Haematococcus salinus) ähneln und ursprünglich alle für diese Art gehalten wurden,[7] dazu kommt Alphamonas edax (Alveolata, früher Colpodella edax oder auch Bodo edax).[8][6][9]

Die Isolate der hypersalinen Archaeenviren umfassen einfach ikosaedrische Virionen, Virionen mit Kopf-Schwanz-Aufbau (Caudoviricetes, mit ikosaedrischem Kopf), pleomorphe (undefiniert vielgestaltige) und zitronenförmige Virionen. Diese lassen sich anhand von Merkmalen wie Wirtsspektrum, Genomtyp und Replikation klassifizieren. Eine Taxonomie dieser Archaeen-Haloviren kann von konservierten Merkmalen im Aufbau der Virionen und insbesondere von der Faltung des Hauptkapsidproteins abgeleitet werden, wodurch sich Gruppen mit gemeinsamer Abstammung (Kladen) identifizieren lassen.[1] Wie sich dabei interessanterweise gezeigt hat, können bakterielle, archaeenspezifische und eukaryotische Haloviren ähnliche Hüllproteinfaltungen aufweisen. Zitronenförmige und pleomorphe-asymmetrische Haloviren sind für Archaeen spezifisch; es gibt unter ihnen keine Verwandten, die Bakterien oder Eukaryoten infizieren. Dies steht im Gegensatz zu den ikosaedrischen Haloviren und den hypersalinen Caudoviren. Pleomorphe Haloviren ähneln Membranbläschen (Vesikel).[1]

  1. a b c d e f g h Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Atanasova2015-06.
  2. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen NCBI_Halovirus.
  3. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Santos2021.
  4. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen STD2023-04-11.
  5. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen NCBI_S._ruber.
  6. a b Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen dornsife.
  7. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Oren2005.
  8. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen NCBI_A._edax.
  9. Referenzfehler: Ungültiges <ref>-Tag; kein Text angegeben für Einzelnachweis mit dem Namen Heidelberg2013.

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