Als industrielle Revolution wird die tiefgreifende und dauerhafte Umgestaltung der wirtschaftlichen und sozialen Verhältnisse, der Arbeitsbedingungen und Lebensumstände bezeichnet, die in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts begann und verstärkt im 19. Jahrhundert, zunächst in England, dann in ganz Westeuropa und den USA, seit dem späten 19. Jahrhundert auch in Japan und weiteren Teilen Europas und Asiens zum Übergang von der Agrar- zur Industriegesellschaft geführt hat. Als wichtigste an dieser Umwälzung beteiligte Gesellschaftsklassen standen sich kapitalistische Unternehmer und lohnabhängige Proletarier gegenüber.
Die Industrielle Revolution führte zu einer stark beschleunigten Entwicklung von Technik, Produktivität und Wissenschaften, die, begleitet von einer starken Bevölkerungszunahme, mit einer neuartigen Zuspitzung sozialer Missstände einherging[1]: Es kam zu einer Teilverlagerung des Pauperismus vom Lande in die Städte, ohne dass hinreichende Wohnunterkünfte vorhanden waren;[2] und in den entstehenden Fabriken, für die Arbeitskräfte gebraucht wurden, konzentrierte sich ein Lohnarbeiterproletariat.[3] Daraus ergab sich als ein gesellschaftspolitisches Kernproblem die soziale Frage, verbunden mit wiederkehrenden Arbeiterunruhen und Bemühungen von Sozialreformern, die akute Not zu lindern und deren Ursachen zu bekämpfen.
In weltgeschichtlicher Perspektive wird der industriellen Revolution eine ähnliche Bedeutung zugemessen wie dem Übergang vom Nomadentum zur Sesshaftigkeit in der Neolithischen Revolution.[4] Bezüglich der industriellen Revolution bildeten sich mit der Zeit zwei Begriffsebenen heraus: Die eine meint die mit der Entstehung der Großindustrie verbundene Epochenbezeichnung, die andere zielt auf einen unabgeschlossenen Prozess fortlaufenden Gesellschaftswandels. Die in vor- und frühindustrieller Zeit am meisten benachteiligten proletarischen Schichten gewannen im weiteren Verlauf der industriellen Revolution auch an Lebensqualität, indem eine große innerstaatliche soziale Ungleichheit zunehmend als Problem begriffen wurde. Breitere Bevölkerungsschichten kamen durch die Arbeit in der Industrie nach organisierten und mehr oder weniger erfolgreichen Arbeitskämpfen zu relativem Wohlstand.
Einige Wirtschaftshistoriker und Sozialwissenschaftler kennzeichneten spätere historische Umbrüche in den Wirtschafts-, Produktions- und Arbeitsformen als zweite und dritte industrielle Revolution (Auch werden technische Fortschritte im Mittelalter, wie der Einsatz von Wassermühlen zum Antrieb von Hämmern, Sägen, Pumpen und Blasebälgen, als „industrielle Revolution“ bezeichnet). Der französische Soziologe Georges Friedmann sprach 1936 erstmals von einer zweiten industriellen Revolution.[5] Er datierte sie auf die Jahrzehnte um 1900 und identifizierte als deren Charakteristika die intensivierte Mechanisierung, den weitverbreiteten Gebrauch von Elektrizität und die Massenproduktion von Gütern (Taylorismus und Fordismus). Die mikroelektronische Revolution seit Mitte der 1970er Jahre wird als technologischer Kern einer neuen, dritten industriellen Revolution angesehen, so zum Beispiel von dem US-amerikanischen Soziologen Daniel Bell.[6] Die Debatte über Industrie 4.0 hat den Begriff „vierte industrielle Revolution“ aufkommen lassen (so etwa auf dem Weltwirtschaftsforum 2015 in Davos). Die technologische Grundlage der beschriebenen Informatisierung der Fertigungstechnik und engeren Vernetzung zwischen Produktion und Logistik ist jedoch weiterhin die Mikroelektronik. Der Industrieforscher Hartmut Hirsch-Kreinsen spricht von einer „zweiten Phase der Digitalisierung“.[7]
Die Chemiker und Atmosphärenforscher Paul Crutzen und Eugene Stoermer haben im Jahr 2000 vorgeschlagen, den Zeitraum seit Beginn der Industriellen Revolution als neue Epoche der Erdgeschichte unter der Bezeichnung Anthropozän aufzufassen, da der menschliche Einfluss auf den Planeten seither immer größere Bedeutung bekommt.