Zwölfprophetenbuch des Tanach |
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Namen nach dem ÖVBE |
Das Buch Joel (hebräisch יוֹאֵל altgriechisch Ιωηλ, lateinisch Ioel) ist eine prophetische Schrift aus dem hebräischen Tanach bzw. dem christlichen Alten Testament. Es handelt sich in der Anordnung des hebräischen Kanons um das zweite Buch des Zwölfprophetenbuches bzw. der Kleinen Propheten. Die vier Kapitel umfassende Schrift dreht sich um den Tag des Herrn, ein Ereignis, das in der Hebräischen Bibel als Zeitpunkt des strafenden Eingreifens Gottes in die Weltgeschichte gilt. Während andere Texte, die auf den Tag des Herrn Bezug nehmen, diesen als einen Schreckenstag beschreiben, vor dem sich niemand retten kann, zeigt das Buch Joel eine vorsichtige Hoffnungsperspektive auf: Das Volk Israel kann der von Gott gebrachten Katastrophe, die in Gestalt einer verheerenden Heuschreckenplage und eines furchtbaren militärischen Feindangriffes bereits im Anbruch begriffen ist, womöglich entgehen, wenn es sich konsequent zu Gott bekehrt. Das dritte Kapitel verheißt die Aussendung des Geistes Gottes, der alle Glieder des Volkes zu prophetischer Rede befähigen wird, während das vierte Kapitel das Gericht an den Fremdvölkern thematisiert.
Über den Verfasser des Buches Joel ist nichts bekannt. Die Buchüberschrift Joel 1,1 führt die Worte des Buches auf einen gewissen Joel, den Sohn Petuëls, (hebräisch יֹואֵ֖ל בֶּן־פְּתוּאֵֽל [ ]), zurück. Der Name stellt eine Bekenntnisformel dar und bedeutet JHWH ist Gott. Die jüngere Forschung zeigt sich teilweise skeptisch, ob es sich bei Joel um eine historische Einzelgestalt gehandelt hat, und betont stärker den Charakter des Joelbuches als einem schriftgelehrten Text, der auf frühere Texte der sich formierenden Hebräischen Bibel Bezug nimmt und sie aktualisierend auslegt. Da das Buch selber im Gegensatz zu vielen anderen biblischen Prophetenbüchern nicht datiert ist, ist die historische Einordnung unklar. Hat die frühere Forschung Joel häufig in die vorexilische Zeit des 8. Jh. v. Chr. verortet, so ist sich die jüngere Forschung überwiegend einig, dass das Buch Joel der nachexilischen Zeit um das 4. Jh. v. Chr. zugehört, entweder in die späte Perserzeit oder die frühe hellenistische Zeit. Ebenso umstritten ist, ob alle vier Kapitel des Buches zur gleichen Zeit abgefasst wurden oder ob innerhalb des Buches mit Nachträgen etwa aus der hellenistischen Zeit zu rechnen ist.
In der christlichen Rezeptionsgeschichte ist das Buch Joel in erster Linie für seine Verheißung der Aussendung des göttlichen Geistes im drittel Kapitel bedeutsam. Der Apostelgeschichte (Apg 2,16–21) zufolge hat der Apostel Petrus in seiner sogenannten Pfingstpredigt die Worte von Joel 3 zitiert, um das Pfingstereignis zu deuten. In der Leseordnung der römisch-katholischen Kirche nimmt neben der Lesung von Joel 3 an Pfingsten der Aufruf zur Umkehr in Joel 2 als Lesung zu Aschermittwoch eine große Bedeutung ein.