Julien Offray, sieur de La Mettrie (* 23. November 1709[1] in Saint-Malo; † 11. November 1751 in Potsdam) war ein französischer Arzt, Schriftsteller, Pamphletist und radikalaufklärerischer philosophe des Lumières.
„Sous ces traits vifs, tu vois le Maître
Des jeux, des ris & des bons mots
Trop hardi d’avoir de son être,
Osé débrouiller le Cahos [sic],
Sans un Sage il étoit la victime des sots.“
In diesen lebhaften Zügen siehst Du den Meister
Des Spiels, des Lachens und des Bonmots;
Er war so kühn zu wagen, die Fragen des Seins
Aus dem Chaos zu entschlüsseln
Ohne einen Weisen wäre er das Opfer der Dummen geworden.[4]
Bekanntheit erlangte er vor allem durch sein konsequent mechanistisch-materialistisches Menschenbild, weswegen er als enfant terrible, als „Prügelknabe der französischen Aufklärung“ galt.[5] In Anspielung auf seine monistische Weltanschauung und seine für die damalige Zeit kühne, unverhohlen atheistisch-naturalistische Kampfschrift L’Homme-Machine (Maschine Mensch), 1748, verbreitete sich sein Spitzname Monsieur Machine[6], den der „médecin-philosophe“, der Arzt und Philosoph, in seinen späteren Werken selbst gerne benutzte.
Wegen seiner polemischen ärztekritischen und seiner „gottlosen“ philosophischen Veröffentlichungen musste er aus Frankreich und anschließend sogar aus den vergleichsweise toleranteren Niederlanden fliehen. Friedrich der Große bot ihm, „dem verfemtesten Autor des Kontinents“,[7] Asyl an und stellte ihn in Sanssouci als seinen Leibarzt und Vorleser ein. Ferner war er Gast an der Tafelrunde in Sanssouci.
Im preußischen Exil publizierte „Monsieur Machine“ 1748 die Schrift, die er persönlich für sein Hauptwerk[8] hielt: Über das Glück oder Das Höchste Gut, „Anti-Seneca“ („Discours sur le bonheur ou Le Souverain Bien, Anti-Sénèque“). Die atheistischen und amoralistischen Thesen,[9] die er im Vorwort dieses Buches vertrat: „Wider die Religion – Negierung der Sünde“[10] riefen die allgemeine Empörung der angeblich so „freigeistigen, aufgeklärten“ Tafelrunde des Philosophenkönigs Friedrich des Großen hervor. Es kam zur Zensur und La Mettrie fürchtete wieder um sein Leben. Im August 1751 schrieb er im Vorwort zur 3. Auflage des „Discours sur le bonheur“ von seiner Befürchtung, er werde wohl wie einst Sokrates als philosophischer Märtyrer sterben:
« Qui m’assurera qu’un jour la ciguë ne sera pas la récompense de mon courage philosophique? »
„Wer garantiert mir, dass nicht eines Tags der Schierlingsbecher der Lohn meines philosophischen Mutes sein wird?“
Drei Monate später, am 11. November 1751, kam es zu dem „sonderbaren“ Ende des berühmten Arztes de la Mettrie, das der fabulierfreudige Satiriker selbstironisch in einer gleichlautenden fiktiven Autobiographie 1750 angedeutet hatte.[11] Den Philosophen ereilte im Alter von nur 41 Jahren – bei attestiert bester Gesundheit – ein tragikomischer Tod (Pastetentod):
„Die Todesursache wurde nie geklärt. Kolportiert wurde indes gern, der Hedonist sei Opfer seiner Fresslust geworden.“