Karpas | ||
![]() Das Ostende der Halbinsel Karpas im Nordosten Zyperns, NASA-Satellitenbild, 2009 | ||
Geographische Lage | ||
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Koordinaten | 35° 32′ N, 34° 17′ O | |
Gewässer 1 | Mittelmeer | |
Länge | 80 km | |
Breite | 10 km | |
Fläche | 898 km² | |
Blick vom Kap Apostolos Andreas nach Nordosten |
Der Karpas (griechisch Καρπασία Karpasía, türkisch Karpaz, seltener Kırpaşa), auch Karpass, ist eine knapp 900 km² umfassende und mindestens 80 km lange[1] Halbinsel im Nordosten der Mittelmeerinsel Zypern. Sie bildet den östlichsten Teil des Kyrenia-Gebirges. Seine östliche Spitze bildet das Kap Apostolos Andreas, dem die unbewohnten Kleides-Inseln (‚Schlüssel‘) vorgelagert sind.
Die Halbinsel hatte im Jahr 2016 knapp 24.000 Einwohner. Die bedeutendste Stadt ist Rizokarpaso oder Dipkarpaz, wie sie in der griechischen bzw. türkischen Sprache heißt. Hinzu kommen mehr als 40 Dörfer. Viehzucht (Schafe und Ziegen) sowie der Anbau von Johannisbrot, heute vor allem für die kosmetische Industrie, bildeten neben dem Anbau von Getreide sowie der Gewinnung von Olivenöl, Wein, Früchten und Nüssen den wichtigsten Wirtschaftszweig. Zeitweise waren auch der Tabakanbau und die Seidenzucht sowie die Baumwollproduktion von erheblicher Bedeutung. Diese agrarischen Wirtschaftszweige wurden inzwischen vom Tourismus und der Bauindustrie überflügelt.
Den frühesten Beleg menschlicher Anwesenheit stellt eine bäuerliche Siedlung auf der Halbinsel dar, die um 8400 v. Chr. entstand. In der Bronzezeit wurde Zypern durch den Handel mit seinem Kupfer zu einem einflussreichen politischen Zentrum, was auf dem Karpas zur Entstehung von Galinoporni-Vasili, einem größeren Machtzentrum, und in der Folge zur Errichtung von Befestigungsanlagen führte. Zypern konnte jedoch seine Unabhängigkeit seit dem 3. Jahrhundert v. Chr. nur mehr kurzzeitig wahren.
Lange zuvor setzte die Besiedlung durch Griechen ein, die kulturell und sprachlich die vorherige Bevölkerung in einem noch unverstandenen Prozess überlagerte, wobei die Eteokyprische Sprache verschwand. Zu den Griechen gesellte sich eine Reihe anderer ethnischer Gruppen. Nach der griechisch-römischen Epoche teilten sich das orthodoxe Byzanz auf der einen und die islamischen Großmächte der Umayyaden und Abbasiden auf der anderen Seite möglicherweise die Insel bis 965. 1185 machte sich Zypern für einige Jahre vom orthodoxen Byzanz unabhängig, wobei mit Kantara auf dem Karpas eine der mächtigsten Burgen entstand. Zypern ging allerdings bereits 1191 an die katholischen Kreuzfahrer, die den Karpas massiv befestigten. Dessen Bevölkerung blieb jedoch weitgehend orthodox, sieht man von den dorthin geflohenen Maroniten ab. Den französischsprachigen Kreuzfahrern, gegen deren sprachlichen Einfluss sich das Griechische zunehmend durchsetzte, folgte 1489 Venedig als Herrin der Insel. 1570/71 kam der Karpas mitsamt der Insel an das sunnitische Osmanenreich, was erstmals zur Zuwanderung von Türken führte, aber auch von Angehörigen anderer ethnischer Gruppen des Vielvölkerstaates. 1878 bzw. 1914 folgte Großbritannien als Kolonialmacht, das die Insel 1960 in die Unabhängigkeit entließ. Inzwischen waren aus den eher religiös begründeten Konflikten stärker ethnisch begründete geworden, wobei der Karpas eine griechisch-orthodoxe Hochburg blieb. Das Kloster Apostolos Andreas war seit langem der wichtigste Pilgerort der Insel.
Auf die Halbinsel kamen insbesondere ab 1974 vor allem nord-anatolische Soldaten, Staatsbedienstete und Siedler, nachdem die Türkei als Reaktion auf einen Anschlussversuch an Griechenland (Enosis) den Nordteil Zyperns besetzt hatte. Seither haben Griechen und Maroniten die Halbinsel fast vollständig verlassen. Seit 1983 gehört der Karpas zur international nicht anerkannten Türkischen Republik Nordzypern. Das kulturelle Erbe ist, zunächst durch Gewalt, dann durch Vernachlässigung bedroht, wenn sich auch die Bemühungen zu seiner Bewahrung in jüngster Zeit verstärkt haben.
Die Strände des Karpas sind wichtige Gelegestätten bedrohter Meeresschildkröten (Caretta caretta und Chelonia mydas). Auf der Halbinsel leben etwa zehn Fledermausarten, insgesamt ließen sich mehr als zwanzig Säugetier- und zahlreiche Vogelarten nachweisen. Von ökologischer Bedeutung ist zudem der Karpas-Nationalpark mit seinen Wäldern. Intensiver beforscht werden inzwischen die Küstensäume, die Raum für extrem seltene Arten bieten; dies führt zu Konflikten mit den touristischen Bau- und Nutzungsvorhaben, hinter denen meist ausländische Investoren stehen.