Kategorischer Imperativ

Der kategorische Imperativ ist für Immanuel Kant das grundlegende Prinzip moralischen Handelns: Um zu entscheiden, ob eine Handlung moralisch sei, soll geprüft werden, ob sie einer Maxime folgt, deren Gültigkeit für alle, jederzeit und ohne Ausnahme akzeptabel wäre, und ob alle betroffenen Personen nicht als bloßes Mittel zu einem anderen Zweck behandelt werden, sondern auch als Zweck an sich. Der kategorische Imperativ wird als Bestimmung des guten Willens von Kant in der Grundlegung zur Metaphysik der Sitten vorgestellt und in der Kritik der praktischen Vernunft ausführlich entwickelt. Er lautet in einer seiner Grundformen: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“ Auf unmittelbare Kritik reagierte Kant mit einem Anwendungsbeispiel in dem Aufsatz Über ein vermeintes Recht, aus Menschenliebe zu lügen.

Kant beansprucht, dass „der bloße Begriff eines kategorischen Imperativs auch die Formel desselben an die Hand gebe“ (Immanuel Kant: AA IV, 420[1]). Damit meint er, dass sich aus der bloßen Bestimmung des „kategorischen Imperativs“, was in der Terminologie „unbedingtes Gebot“ bedeutet, der Inhalt dieses Gebotes zumindest der Form nach ermitteln lässt. Diese Form ist diejenige der Allgemeinheit. Da es sich um ein unbedingtes Gebot handelt, muss es etwas sein, das dem Willen eines jeden „endlichen Vernunftwesens“ – und damit auch jedem Menschen – als Forderung gegenübertritt (Gebot), deren Geltung nicht abhängig von besonderen Bestimmungen dieses Wesens und seines Willens (wie Neigungen oder akute Bedürfnisse) oder der Umstände ist.

„… da der Imperativ außer dem Gesetze nur die Notwendigkeit der Maxime enthält, diesem Gesetze gemäß zu sein, das Gesetz aber keine Bedingung enthält, auf die es eingeschränkt war, so bleibt nichts als die Allgemeinheit eines Gesetzes überhaupt übrig, welchem die Maxime der Handlung gemäß sein soll, und welche Gemäßheit allein der Imperativ eigentlich als notwendig vorstellt.“

Immanuel Kant: AA IV, 420[2]

Der kategorische Imperativ gilt für endliche Vernunftwesen per se und ist daher auch insofern allgemein. Daher nimmt er auch alle Menschen unter allen Bedingungen in die Pflicht, bzw. er beschreibt die universelle Form der Pflicht überhaupt. Dies wird unter anderem in der folgenden Formulierung des kategorischen Imperativs („Gesetzesformel“) deutlich:

„Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

Immanuel Kant: AA IV, 421[3]

Im Gegensatz zum Regel-Utilitarismus, bei dem Handlungsregeln nur nach dem Nutzen bewertet werden, den sie hervorbringen, und im Gegensatz zum Handlungs-Konsequentialismus, der Handlungen nur nach ihren Folgen bewertet, ist der kategorische Imperativ deontologisch, d. h. er bezieht sich auf den Begriff der Pflicht. Es wird eben nicht bewertet, was die Handlung bewirkt, sondern wie die Absicht beschaffen ist. Wenn der Wille gut ist, dann ist auch die Handlung moralisch gerechtfertigt. Der Wille zum Guten allein ist das, was moralisch gut ist.

  1. Immanuel Kant, Gesammelte Schriften. Hrsg.: Bd. 1–22 Preussische Akademie der Wissenschaften, Bd. 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, ab Bd. 24 Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Berlin 1900ff., AA IV, 420, Faksimile
  2. Immanuel Kant, Gesammelte Schriften. Hrsg.: Bd. 1–22 Preussische Akademie der Wissenschaften, Bd. 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, ab Bd. 24 Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Berlin 1900ff., AA IV, 420, Faksimile
  3. Immanuel Kant, Gesammelte Schriften. Hrsg.: Bd. 1–22 Preussische Akademie der Wissenschaften, Bd. 23 Deutsche Akademie der Wissenschaften zu Berlin, ab Bd. 24 Akademie der Wissenschaften zu Göttingen, Berlin 1900ff., AA IV, 421, Faksimile

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