Die drei Klaviersonaten Nr. 19 bis 21, Deutsch-Verzeichnis 958, 959 und 960, sind die letzten Werke des Komponisten Franz Schubert. Sie entstanden in seinen letzten Lebensmonaten zwischen Frühjahr und Herbst 1828, wurden aber erst 1838–1839 veröffentlicht.[1]
Wie die übrigen Klaviersonaten des Komponisten wurden sie im neunzehnten Jahrhundert als „vernachlässigbar“ angesehen.[2] Im späten zwanzigsten Jahrhundert hat sich jedoch diesbezüglich die öffentliche Meinung – und die der Kritiker – geändert: Schuberts letzte Sonaten werden jetzt zu den wichtigsten und reifsten Werken des Komponisten gezählt, gehören zum „harten Kern“ des Klavier-Repertoires und erscheinen regelmäßig auf Konzertprogrammen und in Aufnahmemedien.[3]
Einer der Hauptgründe für die lange Nichtbeachtung der Schubert’schen Klaviersonaten ist ihre Geringschätzung im Vergleich zu den Klaviersonaten Ludwig van Beethovens. Dieser war zu einem Großteil des kurzen Schubert’schen Lebens noch präsent und aktiv, z. B. mit seinen Diabelli-Variationen, mit denen er zeitgenössische Konkurrenten, darunter auch Schubert, förmlich „erdrückte“, so dass Diabelli Beethovens 33 Variationen über sein Thema in einem Extraband (Band I) abdruckte, während er die Einzelbeiträge der anderen Komponisten als „zweitrangig“ (Band II) behandeln konnte. Im Vergleich zu Beethovens 32 Klaviersonaten wurden die 21 Schubert’schen nicht nur von der Zahl her, sondern von Struktur und „Gehalt“ als deutlich unterlegen angesehen,[4] obwohl die drei letzten Schubert’schen Klaviersonaten konkrete Anspielungen auf Beethoven'sche Kompositionen enthalten (s. u.) und obwohl Schubert Beethoven sehr verehrte.[5]
Spätere musikwissenschaftliche Analysen und Vergleiche haben jedoch ergeben, dass Schuberts letzte Sonaten im individuellen Stil ungewöhnlich reif sind und diese Reife auch inhaltlich vermitteln: Sie werden jetzt hoch gelobt wegen dieses Stils, der sich in ungewöhnlichen zyklischen Form- und Klangeigenschaften, einer spezifischen Kammermusik-Textur und in ungewöhnlich reichem Gefühlsausdruck manifestiert.[6]
Die drei Sonaten sind in verschiedener Hinsicht zyklisch miteinander verknüpft (siehe unten), und zwar im Hinblick auf strukturelle Elemente, Harmonie-Elemente und solche der Melodik. Diese Elemente verbinden in jeder Sonate die verschiedenen Sätze,[7] und ebenso alle drei Sonaten untereinander.[8] Konsequenterweise betrachtet man sie oft als zusammengehörige „Trilogie“; man könnte – in Anspielung auf den Begriff zyklisch – auch von einem „Zyklus aus drei Klaviersonaten“ sprechen. Die Sonaten enthalten auch spezifische Anspielungen auf (und Ähnlichkeiten mit) anderen Schubert’schen Kompositionen, zum Beispiel mit seinem Liederzyklus Winterreise (entstanden im Herbst 1827, also weniger als ein Jahr vor der Klaviersonaten-Trilogie). Diese Verbindungen beruhen auf dem – psychologisch gesehen – „emotional sehr aufgewühlten“ Zustand, in dem sich der Komponist zur Zeit der Entstehung sowohl der Sonaten-Trilogie als auch der „Winterreise“ befand.[A 1] Dieser „aufgewühlte Zustand“ begünstigt – analog zu den Wirbelzyklen in einer turbulenten Strömung – Zyklenbildung und Interdependenzen aller Art, wird aber oft nur als „sehr persönlich“ und „autobiographisch“ abgetan.[9] In der Tat: in verschiedenen Darstellungen wurden die drei Sonaten – auf Grundlage historischer Belege aus dem Leben des Komponisten – mit konkreten psychologischen Begriffen charakterisiert.[10]
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