Klassifikation nach ICD-10 | |
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T88.3 | Maligne Hyperthermie |
ICD-10 online (WHO-Version 2019) |
Die Maligne Hyperthermie (MH; auch maligne Hyperthermie), veraltet auch maligne Hyperpyrexie, Narkose-Hyperthermie-Syndrom und Ombrédanne-Syndrom, ist ein vor allem nach Verabreichung bestimmter Narkosemittel selten auftretender medizinischer Notfall. Es handelt sich um eine seltene pharmakogenetische Erkrankung der Skelettmuskulatur, der ein angeborener Defekt der intrazellulären Calciumregulation zugrunde liegt.[1]
Nach Verabreichung von auslösenden Substanzen (Triggern) wird bei entsprechender genetischer Veranlagung durch eine unkontrollierte Freisetzung von Calcium-Ionen über funktionell veränderte sarkoplasmatische Calciumkanäle eine lebensbedrohliche Stoffwechselentgleisung in der Skelettmuskulatur verursacht, die einer schnellen Behandlung bedarf.[2]
Die Maligne Hyperthermie ist eine sehr seltene, lebensbedrohliche Komplikation einer Narkose und kann auch in der Phase nach der Operation auftreten.[3] Die Triggersubstanzen (insbesondere als volatile Anästhetika eingesetzte halogenierte Kohlenwasserstoffe und das muskelentspannende Succinylcholin) werden nicht nur bei Operationen in Allgemeinanästhesie, sondern auch auf Intensivstationen und in der Notfallmedizin eingesetzt.[4][1]
Die Symptomatik ist sehr variabel (von nur leicht verlaufenden Formen mit nur einem oder wenigen Symptomen bis zur fulminanten MH-Krise[5]) und umfasst unter anderem Muskelstarre, Herzrasen, eine erhöhte Produktion von Kohlenstoffdioxid (CO2) und Temperaturerhöhung (von leichtem Temperaturanstieg bis Fieber) bis hin zur Übersäuerung des Körpers sowie Stoffwechsel- und Organversagen (so auch akutes Nierenversagen, Funktionsstörungen von Herz und Lunge sowie neurologische Komplikationen[6]), die letztlich zum Tod führen können. Durch sofortige Unterbrechung der Zufuhr von als Auslöser in Frage kommenden Narkosemitteln und schnellstmögliche Behandlung mit dem seit 1979 hierzu zur Verfügung stehenden Wirkstoff Dantrolen kann eine Maligne Hyperthermie wirksam behandelt werden. Durch dessen Einführung konnte in der Vergangenheit die Sterblichkeit stark (auf unter 3 Prozent[7]) gesenkt werden.
Bei Verdacht auf eine Veranlagung zur Malignen Hyperthermie stehen der In-vitro-Kontrakturtest sowie molekularbiologische Verfahren zur Verfügung, um diese abzuklären. Die Durchführung einer Narkose ist in solchen Fällen auch ohne auslösende Substanzen möglich.
Neben Menschen ist ein Vorkommen auch bei anderen Säugetieren bekannt wie etwa bei Schweinen, Hunden und Pferden, weshalb diese in der Forschung als Tiermodell genutzt werden.