Das Materialproduktsystem (englisch Material Product System, kurz MPS, offiziell eigentlich System of Balances of the National Economy[1] bzw. dt. System volkswirtschaftlicher Bilanzen[2]) beschreibt einen Verfahrenstandard zur Erstellung Volkswirtschaftlicher Gesamtrechnungen mit dem Nettomaterialprodukt als wichtigster Aggregatgröße. Es handelte sich um einen östlichen Gegenentwurf zu dem nach dem Zweiten Weltkrieg entwickelten, 1953 erstmals veröffentlichten und heute weltweit verwendeten System of National Accounts (SNA). Das MPS wurde ab den 1920er Jahren bis ca. 1990 in planwirtschaftlich organisierten Volkswirtschaften angewandt.
Die beiden Systeme waren zueinander nicht kompatibel bzw. führten die umfangreichen Arbeiten, die zu einem Umrechnungsverfahren führen sollten, bis zum Fall des Kommunismus nicht zu einem eindeutigen Ergebnis.[3] Als Faustregel kann angenommen werden, dass etwa ein Fünftel der Wirtschaftsleistung nach SNA im MPS nicht erfasst wird, allerdings gilt diese Annahme nur dann, wenn für dieselbe Volkswirtschaft volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen nach beiden Methoden erstellt werden.[4] Ein Vergleich der östlichen und westlichen Volkswirtschaften zur Zeit des Kalten Krieges auf Basis volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung wurde durch die unterschiedlichen Verfahrensstandards – zusätzlich zu staatlich festgesetzten Preisen und Wechselkursen – erheblich erschwert.[5]