Die Metapsychologie (von altgr. meta „über, hinter, 'jenseits'“) ist das Kernstück der psychoanalytischen Theorie Sigmund Freuds und stellt im Allgemeinen eine technische Ausarbeitung seines Strukturmodells der Psyche dar,[1] das den Organismus in drei seelische Instanzen untergliedert: das Es gilt als der Keim, aus dem sich das Ich und das ÜberIch entfalten. Angetrieben aus einer Energie, die Freud in direktem Bezug zum platonischen Eros als Libido[2] bezeichnete – im Sinne eines universalen, kreativ werdenden Begehrens oder Verlangens –, ergänzen sie sich durch ihre spezifischen Funktionen auf ähnliche Weise wie die Organe eines Organismus oder Teile z. B. eines Mikroskops.[3]
Im Speziellen bezeichnet Metapsychologie „eine Weise der Betrachtung, in der jeder seelische Vorgang nach den drei Koordinaten der Dynamik, Topik und Ökonomie gewürdigt wird“.[4] Topik bezieht sich auf die räumliche Anordnung dieser Vorgänge, Dynamik auf ihre Bewegungen (Veränderlichkeit, auch in der Zeit) und Ökonomie auf das spätestens durch die äußere Quelle der Ernährung wieder aufzufüllende Reservoir der Energie (Libido). Diese Vorgehensweise, erörtert in Begriffen, deren abstrakte Bedeutung sich ebenfalls für die moderne Physik als unverzichtbar erwies, veranlasste Freud zu der Aussage, dass ihre einheitliche Darstellung es ermöglichen werde, das höchste Ziel der Psychologie erreichen, und zwar den Entwurf eines umfassend fundierten Modells der Gesundheit. Solch eine Vorstellung ist für das diagnostische Verfahren entscheidend, weil Erkrankungen – deren Behandlung und Prävention im Fokus aller ärztlichen Tätigkeit steht – erst im Kontrast oder als Abweichungen vom Zustand der Gesundheit zu erkennen sind. Biologische Phänomene bilden die empirische Basis der Metapsychologie. Die alle seelischen Prozesse durch ihr innewohnendes Begehren antreibende Energie stellt in gewissem Sinne eine teleologische These dar.[5]
Diesen zentralen Teil seines Werkes hinterließ Freud künftigen Analytikern in einem unfertigen Zustand, da – wie er konstatierte – die zur Vollendung der Metapsychologie erforderlichen Wissensgebiete in der ersten Hälfte des 20. Jhdts. noch kaum entwickelten waren bzw. nicht existierten.[6] Zu ihnen zählen vor allem die ethologische Primatenforschung sowie deren Ergänzung durch die Anthropologie, eher untergeordnet hingegen Genetik und Neurologie. Erkenntnisse aus ersteren beiden Gebieten erachtet Freud als notwendig sowohl für die Unterscheidung etwa der sexuellen von den sozial und geistig angelegten unter den Es-Bedürfnissen (s. Massenpsychologie; instinktive Gemeinschaftsbildung; bewusst errichtete politische Superstrukturen; Gründung von Systemen des Glaubens und Wissen), als auch für die Prüfung der von Darwin postulierten Urhorde, einschl. ihrer Abschaffung mittels Einführung der Monogamie (s. Totem und Tabu). Der Zusammenhang zwischen diesen verschiedenen Gebieten der wissenschaftlichen Forschung ist also ein metapsychologischer und in diesem Sinne maßgeblich für den psychoanalytischen Begriff der Gesundheit, den Freud in bestimmter Weise von dem der Physiologie differenziert.