Orio Mastropiero (* 1. Viertel 12. Jahrhundert in Venedig; † 1192 ebenda), auch Aureus, bzw. Malipiero, war nach der Tradition, wie die staatlich gesteuerte Historiographie Venedigs oftmals genannt wurde, der 40. Doge von Venedig.[1] Er regierte von seiner Wahl am 17. April 1178 bis zu seiner Abdankung am 1. Juni 1192.
Orio Mastropiero, der zu den reichsten Venezianern seiner Zeit zählte, hatte die Stadt vor seiner Wahl durch Kredite unterstützt. Er war iudex und Gesandter an den Höfen von Konstantinopel und Palermo. Auch war er 1177 bei den Verhandlungen, die in den Frieden von Venedig mündeten, wohl als Berater zwischen Papst Alexander III. und dem römisch-deutschen Kaiser Friedrich Barbarossa sowie den Abgesandten der lombardischen Kommunen und des süditalienischen Normannenreiches tätig. Mastropiero war schon nach der Ermordung des Dogen Vitale Michiel II. im Jahr 1172 als Nachfolger vorgeschlagen worden, doch hatte er die Wahl wegen seines noch jugendlichen Alters abgelehnt und seinerseits den siebzigjährigen Sebastiano Ziani vorgeschlagen.
Als Doge setzte er die gegen Byzanz gerichtete Politik fort. Er versuchte dort die Wiederherstellung der Handelsprivilegien und die Kompensation für die von Kaiser Manuel I. angeordneten Verhaftungen und Konfiskationen von 1171 zu erlangen, verbündete sich dazu sogar mit den Normannen, wenn auch ohne Erfolg; der markante Wechsel der venezianischen Politik zeigte sich, als die Normannen 1185 erneut versuchten, das Kaiserreich zu erobern, denn Venedig intervenierte, im Gegensatz zu früheren Gelegenheiten, zum ersten Mal nicht zugunsten des Kaiserreichs. Selbst eine der wichtigsten Leitlinien venezianischer Politik, die Haupthandelsstraße der Adria dadurch zu sichern, dass kein Herrscher beide Seiten des Meeresarmes beherrschte, wurde zurückgestellt. Die Kämpfe mit Ungarn um Dalmatien und Istrien blieben ebenfalls angesichts der Vorbereitungen zum dritten Kreuzzug stecken.
Innenpolitisch ging der Einfluss der iudices, die sich auf das Rechtsgebiet konzentrieren mussten, zurück, während der Kleine Rat aus den sechs Vertretern der sechs stadtvenezianischen Bezirke zum Machtkern avancierte. Damit wurde einerseits die Macht des Dogen weiter eingeschränkt und zugleich gelang es, die Konflikte zwischen den vorherrschenden Familien zu entschärfen. Andererseits hatte 1172 Sebastiano Ziani damit begonnen, der Volksversammlung das Recht der Dogenwahl zu entziehen.