Orso Ipato (* in Heracleia; † 737?), in den zeitnäheren Quellen Ursus, war etwa von 726 bis zu seinem Tod rund elf Jahre lang Doge von Venedig. Er gilt nach der venezianischen Tradition, wie die staatlich gesteuerte Geschichtsschreibung in Venedig genannt wird, als dritter Inhaber dieses Amtes. Doch jüngere Arbeiten, die die beiden Vorgänger als legendär herausstellten, sehen Ursus inzwischen als den ersten Dogen. Wie bei allen frühen Dogen rankten sich zahlreiche Legenden auch um diesen Dogen, die bis ins 19. Jahrhundert fortwucherten, insbesondere soll er am Anfang der Seerepublik gestanden haben, die unter ihm erstmals die Herrschaft über die Adria beanspruchte.
Sein Residenzort war zunächst nicht das heutige historische Zentrum Venedigs um Rialto mitten in der Lagune von Venedig, sondern sein Geburtsort Heracleia auf dem Festland, nordöstlich der Lagune. Unter seinem Sohn Deusdedit wurde die Residenz nach Metamaucum am Ostrand der Lagune verlegt, und erst mit Beatus soll, nach einer der venezianischen Überlieferungen, der Residenzort Anfang des 9. Jahrhunderts nach Rialto verpflanzt worden sein. Dabei gehörte der Osten Venetiens und damit die Städte um die Lagune zum Oströmischen Reich.
Unter Ursus soll, folgt man der venezianischen Überlieferung spätestens ab der Mitte des 14. Jahrhunderts, eine Flotte das oströmisch-byzantinische Ravenna von den Langobarden zurückerobert haben, womit Venedig zum ersten Mal militärisch außerhalb seines Territoriums eingegriffen und dafür Handelsprivilegien erworben hätte. Nach heutigem Kenntnisstand jedoch fand die Rückeroberung Ravennas erst zwei Jahre nach Ursus’ mutmaßlichem Todesjahr statt, nämlich im Herbst des Jahres 739. Die Datierung dieses Ereignisses wird seit mehr als einem Jahrhundert diskutiert.
Als gesichert kann nur gelten, dass Ursus im Zuge von Kämpfen innerhalb der Lagune, möglicherweise zwischen Städten oder einflussreichen Familien dieses Gebiets, ums Leben kam. Doch lassen sich die dahinter stehenden Auseinandersetzungen nicht sicher in einen politischen Zusammenhang einordnen.
Auf Ursus folgte kein Doge, sondern fünf Magistri militum, die je ein Jahr regierten, unter ihnen sein Sohn Deusdedit. Deusdedit wurde erst von 742 bis 755 gleichfalls Doge – somit der zweite in diesem Amt. Ursus’ unmittelbarer Nachfolger als Herrscher über die Städte der Lagune war der Magister militum Dominicus Leo.