Predatory Publishing, deutsch etwa „räuberisches Veröffentlichen“, ist ein betrügerisches Geschäftsmodell bestimmter Open-Access-Verlage. Die im Deutschen manchmal als „Raubverlage“[1] bezeichneten Unternehmen geben vor, vollwertige wissenschaftliche Fachzeitschriften herauszugeben, und verlangen von den Autoren die im Open-Access-Segment üblichen Publikationsgebühren (Article Processing Charges), ohne dafür die redaktionellen und publizistischen Dienstleistungen zu erbringen, die bei seriösen Fachzeitschriften erwartet werden, wie z. B. ein ordentliches Peer Review. Solcherart minderwertige Zeitschriften werden als Raubjournale, Räuberjournale (englisch predatory journals) oder „Pseudo-Journals“[2] bezeichnet.
Ein weiterer zum Predatory Publishing gehörender Betrugsbereich sind die Predatory Conferences oder Predatory Meetings. Es handelt sich um Tagungen, die den Anschein einer legitimen wissenschaftlichen Konferenz erwecken sollen, aber keine angemessene redaktionelle Kontrolle über die eingereichten Beiträge bieten. Teilweise wird mit der Beteiligung prominenter Wissenschaftler geworben, die in Wirklichkeit gar nicht involviert sind. Auch im Bereich der Buchveröffentlichungen gibt es Verlage, die zu Beiträgen in Sammelbänden aufrufen, diese massiv bewerben und ohne wissenschaftliche Begutachtungsverfahren gegen Gebühr veröffentlichen.
Der Ausdruck Predatory Publishing wurde 2012 von Jeffrey Beall, einem ehemaligen Bibliothekar für interne Wissenschaftskommunikation an der Universität von Colorado, geprägt.[3][4] Dieser führte in der bis Januar 2017 regelmäßig aktualisierten, online abrufbaren Beall-Liste von ihm als „potential, possible, or probable predatory scholarly open-access publishers“ eingestufte Verlage auf.[5] Die Liste wurde unter anderem nach einer Beschwerde von Frontiers Media durch Beall selbst gelöscht; eine Untersuchung der Universität von Colorado wurde ohne Befund beendet.[6][7] Die Liste wird aber von einer anonymen Gruppe (Stop Predatory Journals) und anderen weitergeführt.[8]
Systematische Untersuchungen erbrachten, dass vor allem unerfahrene Autoren und solche aus Entwicklungs- und Schwellenländern bevorzugt bei solchen Verlagen publizierten. Autoren aus den Entwicklungs- und Schwellenländern seien dabei nicht zuletzt von der Aussicht auf eine breite Wahrnehmung ihrer Forschungsergebnisse infolge der freien Zugänglichkeit ihrer Artikel bei verhältnismäßig geringen Publikationsgebühren motiviert; viele der in der Beall-Liste enthaltenen Verlage operieren von solchen Ländern aus.[9][10][11] Andererseits kann das Predatory-Publishing-Modell gezielt von unter Publikationsdruck stehenden Nachwuchswissenschaftlern aus Industrieländern benutzt werden, um Forschungsarbeiten minderer Qualität oder mit marginalem Erkenntnisgewinn als „Peer-Reviewed“ in einem seriös aufgemachten Periodikum zu veröffentlichen.[12][13] Ähnliches gilt für Betrüger mit kommerziellen Interessen, die gefälschten technischen oder medizinischen Studien zur Nützlichkeit ihres Produktes mithilfe von Raubverlagen den Anschein von wissenschaftlicher Fundiertheit verleihen können.[13]