Die Rhinogradentia (von griechisch rhis Nase und lateinisch gradior schreiten[1]; deutsch Nasenschreitlinge oder Naslinge, englisch Snouters) sind eine fiktive Ordnung der Säugetiere, die als wissenschaftlicher Witz von Gerolf Steiner (Universität Karlsruhe, Zoologisches Institut I) erfunden und unter dem Pseudonym „Prof. Harald Stümpke“ als Monographie in einem traditionsreichen Fachbuchverlag unter seriösem Label veröffentlicht wurde.
Das Werk ist eng mit dem Zweiten Weltkrieg und der atomaren Bedrohung verknüpft, denn Steiner berichtet, dass der Schwede Einar Petterson-Skämtkwist die Naslinge entdeckt habe, als er 1941 aus der japanischen Kriegsgefangenschaft flüchtete und dabei auf einer Insel in der Südsee landete. Zur Erforschung dieser noch weitgehend unberührten Inseln und ihrer höchst ungewöhnlichen Tierwelt wurde das Darwin Institute of Hi-lay gegründet, dessen Leiter Professor Stümpke war. Die Tatsache, dass das Buch über die exotischen Naslinge erst 1957 erschien ist, erklärte Steiner damit, dass 1945 eine gewaltige Atomexplosion den Archipel mit dem Institut und allen Rhingradentiern vernichtet hatte. Auch Harald Stümpke war unter den Toten, hatte aber das Manuskript des Buches vorher noch bei seinem Kollegen Steiner in Deutschland hinterlegt. Der übernahm die zeitraubende Aufgabe, das Manuskript posthum zu veröffentlichen.[2] Im weiteren Verlauf des Buches „Bau und Leben der Rhinogradentia“ beschreibt Steiner dann die Rhinogradentia als eine real existierende, aber in jüngster Zeit ausgestorbene Säugerordnung, stellt zahlreiche originelle Abbildungen und Grafiken zu Abstammung und Entwicklung vor und unterscheidet sich formal nicht von anderen Fachbüchern. Die Ausführungen sind durch ein Gedicht von Christian Morgenstern inspiriert. Ihnen liegt das von Morgenstern literarisch erfundene Tier „Nasobēm“ zugrunde.
Bald nach der ersten Edition erlangten die Rhinogradentia in Fachkreisen große Beliebtheit und wurden in nachfolgenden Publikationen immer wieder aufgegriffen oder in der Literaturliste erwähnt. Die Monographie ist jedoch vollständig fiktiv und weist keine wahren Bestandteile auf. Sämtliche Behauptungen sind lustig, absurd oder biologisch unmöglich. Das steht im Gegensatz zur streng wissenschaftlichen Aufmachung der ersten Edition, die auch kurzzeitig ernstgemeinte Kritiken fand.
Die Monographie wurde zur Auflockerung von Vorlesungen und zur Darstellung von „Gegenbeispielen“ verwendet. Steiner greift in der Monographie alle wichtigen biologischen Phänomene auf und führt sie dem Leser auf humoristische Art vor. Man erfährt, wie absurd die Tierwelt aussähe, wenn die zoologischen Regelmäßigkeiten in der Natur verletzt würden.