Von 1884 bis 1916 war Ruanda als Teil Deutsch-Ostafrikas eine deutsche Kolonie. Nach dem Ersten Weltkrieg 1919 wurde Ruanda belgischesVölkerbundsmandat bzw. nach 1945 UN-Treuhandsgebiet. 1962 erfolgte die Unabhängigkeit. Wegen struktureller Probleme, einer hohen Bevölkerungsdichte und Konflikten zwischen den Volksgruppen der Hutu und Tutsi zählte das Land lange zu den ärmsten in Afrika. Der gesellschaftliche Konflikt führte zu einem Bürgerkrieg in Ruanda (1990–1994) sowie dem Völkermord an den Tutsi 1994, bei dem radikale Hutu etwa 800.000 ethnische Tutsi sowie viele gemäßigte Hutu ermordeten.[5] Seit dem Ende des Bürgerkrieges setzte ein wirtschaftlicher Wiederaufbauprozess ein,[6] den unter anderem die Ausbeutung von Rohstoffen in den östlichen Kongoprovinzen begünstigte.[7][8][9] Seit dem Jahr 2000 amtiert Paul Kagame als Präsident, der das Land autoritär als Diktator regiert.[10] Das Regierungssystem steht international in der Kritik wegen mangelnder Pressefreiheit, Unterdrückung der Opposition, Manipulation von Wahlen sowie der Destabilisierung des Ostkongo.[6][11][12][13]
Ruanda gehört seit längerem zu den Ländern Afrikas mit dem stärksten Wirtschaftswachstum.[14] Einer der Gründe sind die guten Beziehungen zu den Weltmächten auf beiden Seiten, so dass sowohl der Westen als auch China und Russland im Land Investitionen tätigen.[15] Weite Teile der Wirtschaft werden durch die regierende Partei Ruandische Patriotische Front kontrolliert.[16]
Der Großteil der Landesbevölkerung sind christlicheBanjaruanda. Kennzeichnend für die ruandische Gesellschaft ist die hohe Teilhabe von Frauen an der wirtschaftlichen und politischen Macht. Im Gender Development Index (Entwicklungsindex der Geschlechter) der Vereinten Nationen, der die Unterschiede im sozioökonomischen Entwicklungsstand von Frauen im Vergleich zu Männern misst, nahm Ruanda 2022 mit einem Wert von 0,921 einen der vorderen Plätze unter den Entwicklungsländern ein.[17]
↑Thomas Spielbüchler: Paul Kagame: Zwischen Erfolg und Scheitern. In: Jakob Lempp, Angela Meyer, Jan Niklas Rolf (Hrsg.): Political Science Applied. Nr.8, Oktober 2017, S.10–14.