Die Schia (arabisch الشيعة asch-schīʿa, DMG aš-šīʿa ‚Anhängerschaft, Partei, Gruppe von Gefolgsleuten‘), manchmal auch Schiismus, ist nach dem Sunnitentum die zweitgrößte religiöse Strömung innerhalb des Islams. Diejenigen Muslime, die dieser Strömung angehören, werden als Schiiten bezeichnet. Heute wird der Begriff häufig in verallgemeinernder Weise für die Zwölfer-Schiiten verwendet, die die zahlenmäßig größte Gruppe innerhalb der Schia darstellt. Allerdings umfasst die Schia noch mehrere andere Gruppierungen wie die Ismailiten, die Zaiditen, die Aleviten und die Alawiten.
Der Begriff Schia steht verkürzt für den arabischen Ausdruck Schīʿat ʿAlī (šīʿat ʿAlī, „Partei ʿAlīs“), womit die Anhängerschaft des vierten Kalifen ʿAlī ibn Abī Tālib (regierte 656–661) und seiner Nachkommen gemeint ist. Dieser Begriff kam während des ersten innermuslimischen Krieges auf, der zeitgleich mit ʿAlīs Kalifat stattfand, und unterschied ʿAlīs Anhänger von der Schīʿat ʿUthmān, den Anhängern des ermordeten dritten Kalifen ʿUthmān ibn ʿAffān, die sich gegen ʿAlī stellten.[1] Schiiten betrachten ʿAlī ibn Abī Tālib, der auch Schwiegersohn und Vetter des Propheten Mohammed war, als dessen rechtmäßigen Nachfolger und verehren ihn als ihren ersten Imam. Nach dem schiitischen Glauben kann das Imamat auch nur von einem Aliden, also einem Nachfahren ʿAlīs, übernommen werden, da allein diese göttlich legitimiert sind. In den Jahrhunderten nach dem Tod des Propheten Mohammed haben sich innerhalb der Schia verschiedene Strömungen herausgebildet, die sich vor allem hinsichtlich ihrer Imamatslehre unterscheiden. Außerdem haben sich verschiedene schiitische Rechtsschulen entstanden. Eine der wichtigsten Grundlagen für ʿAlīs Vorzugsstellung bei den Schiiten ist die Überlieferung, wonach ihn der Prophet kurz vor seinem Tod am Ghadīr Chumm zu seinem Nachfolger designiert hat. Auf diese Überlieferung nimmt auch das Ghadīr-Fest Bezug, das heute von vielen Schiiten am 18. Dhū l-Hiddscha begangen wird.