Schwerwasserreaktor

Der Schwerwasserreaktor (Heavy Water Reactor, HWR) ist ein Kernreaktortyp, bei dem schweres Wasser (D2O) als Moderator – und meist auch als Kühlmittel – verwendet wird. Schweres Wasser ist Wasser, das anstatt des gewöhnlichen Wasserstoffs (1H) mit der Massenzahl 1 das schwerere Wasserstoffisotop Deuterium (D oder 2H) mit der Massenzahl 2 enthält.

Prinzipiell ist ein Schwerwasserreaktor sowohl als Druckwasserreaktor als auch als Siedewasserreaktor denkbar, jedoch arbeiten Stand 2022 alle kommerziellen Leistungsreaktoren, welche mit schwerem Wasser operieren, nach dem Druckwasserreaktor-Prinzip. Deswegen wird häufig die Bezeichnung „PHWR“ pars pro toto für Schwerwasserreaktoren verwendet – das P steht hierbei für „pressurized“ also „Druck(wasser)“. Der am weitesten verbreitete Typ Schwerwasserreaktor ist der kanadische CANDU, auf welchem auch der indische IPHWR („Indian Pressurized Heavy Water Reactor“) und dessen Weiterentwicklungen basieren.

Schweres Wasser absorbiert Neutronen weniger stark als gewöhnliches Wasser. Zwar ist der moderierende (Neutronen abbremsende) Effekt von leichtem Wasser etwas besser als der von schwerem Wasser, doch wird dies durch den Neutroneneinfang überkompensiert. Je mehr Neutronen vorhanden sind, desto besser (und schneller) kann die Kernspaltung ablaufen. Daher kann dieser Reaktortyp im Gegensatz zu Leichtwasserreaktoren als Natururanreaktor betrieben werden, so dass keine Urananreicherung nötig ist. Ein Nachteil besteht darin, dass die Gewinnung des schweren Wassers mit Kosten verbunden ist. Außerdem ergeben sich höhere Kosten durch die größeren Abmessungen und den damit verbundenen höheren Materialbedarf solcher Reaktoren.

Der Unterschied in der Neutronenabsorption wird im Gefahrenfall (z. B. einem Kühlungsleck oder bei Versagen des Steuerstabsystems) ausgenutzt: Der Reaktorbehälter wird mit gewöhnlichem Wasser H2O (Leichtwasser) aus den Reservekühlwasserbecken geflutet. Die stärkere Neutronenabsorption des Leichtwassers verringert die Reaktivität, der vorher kritische Reaktor wird unterkritisch, und die Kettenreaktion hört auf. Der Reaktor kann ohne schweres Wasser nicht wieder angefahren werden.

In Schwerwasserreaktoren entsteht aus dem Deuterium des schweren Wassers durch Neutroneneinfang das Wasserstoffisotop Tritium, das wiederum für die Herstellung bestimmter Kernwaffen verwendet werden kann.


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