Sextus Tarquinius war ein Prinz der in der römischen Geschichtsschreibung mythisch verklärten[1] etruskischen Herrscherfamilie der Tarquinier.[2] Er war – nach den Angaben der Literaten Titus Livius und Ovid – der dritte und jüngste Sohn[3] des letzten etruskischen Königs Lucius Tarquinius Superbus, nach den Angaben des Dionysios dessen ältester Sohn.[4] Der Nachwelt ist er als Hauptakteur der mit der Vertreibung der Königsherrschaft[5] aus Rom durch Lucius Iunius Brutus zusammenhängenden Vergewaltigung der Lucretia, der Ehefrau des Tarquinius Collatinus und Tochter des Spurius Lucretius Tricipitinus, bekannt. Titus Livius gibt innerhalb seiner Darstellung der römischen Frühzeit innerhalb des ersten Buches seines Hauptwerks Ab urbe condita eine Schilderung der Ereignisse, Ovid verarbeitet das Thema in seinen Fasti poetisch.[6] Auch Dionysios von Halikarnassos geht in seinen Römischen Altertümern auf die Vorgänge ein.[7]
- ↑ Die Historizität der Tarquinier und ihrer Gegner ist in der Forschung umstritten. Doch sollten zumindest Teile und Grundzüge der Überlieferung historisch sein. Indizien hierfür sieht die Forschung in einer Inschrift aus Satricum. In dieser wird ein Valesios Poplios genannt, bei dem es sich wohl um „Publicus Valerius Publicola, einen der ersten Männer Roms nach dem Sturz des Königtums [...], oder um seinen Sohn handelte.“ (Aigner-Foresti: Die Etrusker und das frühe Rom, S. 105) Einschränkend vermerkt Aigner-Foresti jedoch im Folgesatz, dass der Genannte „allerdings ebenso ein historisch sonst unbekannter Mann gleichen Namens gewesen sein [könnte].“ (Aigner-Foresti: Die Etrusker und das frühe Rom, S. 105) Siehe auch S. 142 wo Aigner-Foresti die Historizität des Publicola als „höchst wahrscheinlich“ benennt. Eine kritische Sicht auf die römische Früh- und Königszeit formuliert Jehne: Die römische Republik. Von der Gründung bis Caesar, S. 13, pointiert, wenn er schreibt: „Da alle Untersuchungen zeigen, daß keine mündliche Überlieferung [...] nur über 100 Jahre [...] zu tradieren vermag, ohne daß gravierende Verfremdungen der Fakten eintreten, ist es ganz und gar unwahrscheinlich, daß Ablauf und Figuren dieser Erzählung [...] auch nur einen Hauch von Authentizität beanspruchen dürfen. Zudem sind Vergewaltigungsgeschichten so feste Bestandteile der zahlreichen antiken Darstellungen zur Entartung von Tyrannen, daß sie schlicht als Produkt literarischer Bearbeitung [...] anzusehen sind.“
- ↑ Zum Einfluss der Etrusker auf die (frühe) Römische Republik und ihre politische Verfasstheit siehe Bleicken: Die Verfassung der Römischen Republik, S. 272–3.
- ↑ Liv. I, 53, 5: „[...] Sextus filius eius, qui minimus ex tribus erat [...].“ Ov. fast. II, 691 „[...] namque trium minimus, proles manifesta Superbi [...]“
- ↑ Dion. Hal. ant. IV, 64, 2: „At this time Sextus, the eldest son of Tarquinius [...]“; 65, 2: „[...] since I [=Sextus] am his eldest son.“
- ↑ Dion. Hal. ant. IV, 63, 1: „[...] and being now no longer in any fear concerning his [Tarquinius Superbus'] power, he was both driven from power and exiled because of the outrageous deed of Sextus, his eldest son, who ruined a married woman.“
- ↑ Siehe zur Einnahme Gabiis: Liv. I, 53, 4-54, 10 und Ov. fast. II, 684a-710, sowie zur Vergewaltigung der Lucretia: Liv. I, 57, 5-60, 2 und Ov. fast. II, 721-852.
- ↑ Siehe Dion. Hal. ant. IV, 64, 1-67,4; IV, 70, 1-71, 6.