Tacuinum sanitatis

Ibn Butlan (links) und zwei seiner Schüler (Wiener Tacuinum fol. 4)
Landmann bei der Melonenernte (Wiener Tacuinum fol. 21)
Alter Käse. Sog. Pariser Tacuinum, vielleicht Südwestdeutschland zwischen 1434 und 1450 (Paris BNF, Ms. Latin 9333, fol. 58v)

Tacuinum sanitatis (in medicina) ist der Name mehrerer mittelalterlicher Kodizes (Tacuina sanitatis), die ein Gesundheitsregimen (Regimen sanitatis) in Form eines synoptischen Tabellenwerkes darstellen. Ihre Grundlage ist das Werk Taqwim as-sihha / تقويم الصحة / taqwīm aṣ-ṣiḥḥa aus dem 11. Jahrhundert des nestorianischen Arztes Ibn Butlan. Taqwim as-sihha (ins Lateinische als Tacuinum sanitatis übernommen) bedeutet „tabellarische Übersicht der Gesundheit“, da die Seiten im arabischen Original in regelmäßige Felder aufgeteilt sind. Da dies an ein Schachbrett erinnert, erhielt die erste deutsche Ausgabe im Jahr 1533 den Titel Schachtafelen der Gesuntheyt.[1][2][3]

Ibn Butlan stellt in diesem Gesundheitsregeln vermittelnden Regimen den Objekten der sex res non naturales tabellarisch ihre Eigenschaften gegenüber, woraus sich ein übersichtliches Nachschlagewerk für Fragen einer gesunden Lebensführung ergibt.[4] Der Text basiert auf der antiken und mittelalterlichen Humoralpathologie und erläutert, welche Nahrungsmittel, Gegebenheiten der menschlichen Umwelt und Gemütszustände (Zorn, Freude etc.) die Stoicheia „trocken“, „feucht“, „kalt“ und „warm“ aufweisen und für welche Personengruppen und in welchen Gegenden sie nützlich sind. Knoblauch zum Beispiel, sei „warm“ und „trocken“ und erzeuge „grobe und scharfe Säfte“. Er nütze gegen Skorpion- und Schlangenbisse, sowie gegen Würmer. Empfehlenswert sei er für geschwächte Naturen und in kalten Gegenden.[5] Die Jahreszeit Herbst dagegen sei „gemäßigt kalt im 2. Grad“ und vermehre „melancholische Säfte“. Dem sei mit Bädern abzuhelfen. Nützen würde er Kindern und Jugendlichen in warmen und feuchten Gegenden.[6]

  1. Tacuinum sanitatis in medicina. Codex Vindobonensis Series nova 2644 der Österreichischen Nationalbibliothek, Graz: Akademische Druck- und Verlagsanstalt 2004 Kommentar S. 7 (Name, Anlage und Verfasser des vollständigen Werkes) ISBN 3-201-01831-7
  2. Ibn Butlān, Ibn Dschezla: Schachtafelen der Gesundheyt. Übersetzt und erweitert von Michael Herr, Neudruck der Ausgabe Straßburg (Hans Schott) 1533, mit einem Nachwort von Marlit Leber und Elfriede Starke, Weinheim an der Bergstraße 1988, insbesondere S. 3–12. Hans Schott hatte 1531 bereits die lateinische Fassung drucken lassen.
  3. Ernest Wickersheimer: Les Tacuini Sanitatis et leur traduction allemande par Michael Herr. Genf 1950 (= Bibliothèque d'Humanisme et Renaissance, XII).
  4. Christina Becela-Deller: Ruta graveolens L. Eine Heilpflanze in kunst- und kulturhistorischer Bedeutung. (Mathematisch-naturwissenschaftliche Dissertation Würzburg 1994) Königshausen & Neumann, Würzburg 1998 (= Würzburger medizinhistorische Forschungen. Band 65). ISBN 3-8260-1667-X, S. 134 f.
  5. Tacuinum sanitatis in medicina. Kommentar S. 66 (Transkription und deutsche Übersetzung)
  6. Tacuinum sanitatis in medicina, Kommentar S. 92

From Wikipedia, the free encyclopedia · View on Wikipedia

Developed by Nelliwinne