Todesopfer rechtsextremer Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland

Mahnmal des Mordanschlags von Solingen, 29. Mai 1993

Todesopfer rechtsextremer Gewalt in der Bundesrepublik Deutschland gibt es seit deren Gründung. Bis 1990 wurden sie staatlich nicht gesondert erfasst. Das Bundeskriminalamt (BKA) registrierte rechtsextreme Tatmotive bei Tötungsdelikten erst seit 1990 als „Hasskriminalität“ gegen bestimmte Opfergruppen, etwa Ausländer, Behinderte, Homosexuelle, Obdachlose oder Spätaussiedler. Seit den rechtsextremen Mordanschlägen auf Asylbewerber und Türkeistämmige in Deutschland ab 1990 begannen Opferschutzinitiativen, die Zahlen dieser Angriffe und ihrer Opfer zu registrieren. Diese Taten wurden nun stärker als gesamtgesellschaftliches Problem und nicht mehr nur als Randphänomen erkannt und erforscht.

Wegen intensiver Kritik an der mangelhaften Erfassung rechtsextremer Gewalttaten führte das BKA 2001 ein „Definitionssystem Politisch motivierte Kriminalität“ (PMK-System) ein. Dieses weist nach wie vor erhebliche Methodenprobleme, Schwachstellen und Lücken auf. Darum ist die Gesamtzahl der Todesopfer rechter Gewalt, die auch Täter ohne manifest rechtsextremes Weltbild umfasst,[1] zwischen staatlichen und nichtstaatlichen Stellen weiterhin stark umstritten.

Bis Dezember 2020 erkannte die Bundesregierung 113 seit 1990 in Deutschland getötete Personen als Opfer von rechtsextrem motivierten Tötungsdelikten an.[2] Verschiedene unabhängige Recherchen fanden jedoch ab 1990 kontinuierlich weit mehr solche Todesopfer. Die Gesamtzahlen reichen von mindestens 187 (bis Ende September 2020)[3] über 219 (bis Ende 2021)[4] oder 251 (bis Oktober 2020; 315 seit 1970)[5] bis hin zu 311 (bis 2022). Hinzu kommen bis zu 102 Verdachtsfälle[6] und eine hohe Dunkelziffer von möglichen rechtsextremen Tötungen.

  1. mo: Rechte Gewalt – Definitionen und Erfassungskriterien – BERATUNG FÜR BETROFFENE RECHTER GEWALT. Abgerufen am 6. Juli 2023 (deutsch).
  2. Deutscher Bundestag: Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Abgeordneten Martina Renner, Dr. André Hahn, Gökay Akbulut, weiterer Abgeordneter und der Fraktion DIE LINKE. Drucksache 19/25216, 11. Dezember 2020; Frank Jansen: Mindestens 113 Todesopfer rechter Gewalt seit 1990. Tagesspiegel, 23. Februar 2022
  3. Paul Blickle, Frank Jansen, Heike Kleffner, Johannes Radke, Julian Stahnke, Toralf Staud, Sascha Venohr: Todesopfer rechter Gewalt: 187 Schicksale. Zeit online / Tagesspiegel, 30. September 2020
  4. Amadeu Antonio Stiftung: Todesopfer rechter Gewalt. Stand: Dezember 2021
  5. Thomas Billstein: Kein Vergessen, Münster 2020, Vorwort S. 20; Dokumentation S. 322–326; Opferliste S. 337–344
  6. Harry Waibel: Rechte Kontinuitäten, Hamburg 2022, Dokumentation S. 357–456

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